Der Zukunftsrat Hamburg begleitet die Hamburger Klimaschutzpolitik seit dem Klimaschutzkonzept 2007–2012. Er erkennt an, dass sich die zuständige Behörde mit der Leitstelle Klimaschutz ernsthaft bemüht, im Rahmen der finanziellen und personellen Vorgaben in Hamburg aber auch der bundesrechtlichen und gesamtwirtschaftlichen Gegebenheiten effektive und realistische Lösungen für den Klimaschutz in der Hansestadt zu entwickeln. Als Lobby-Organisation für eine (global) nachhaltige Entwicklung misst der Zukunftsrat Hamburg diese Bemühungen und ihre Erfolge an der Größe des Problems, nämlich an einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 – 2 Grad Celsius. Gerade Großstädte und Ballungsräume wie Hamburg tragen zu den Emissionen von Treibhausgasen in besonderer Weise bei und damit auch eine gesteigerte Verantwortung. Die nachfolgende kritische Stellungnahme zum aktuellen Klimaplan ist vor diesem Hintergrund zu verstehen. Sie bezieht sich – auch mit den Seitenangaben – auf die Mitteilung „Hamburger Klimaplan“, (Bü-Drs. 21/2521 vom 8.12.2015, www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/index), die der Senat der Bürgerschaft zeitgleich mit dem Klimagipfel in Paris vorlegte. Sie beschränkt sich weitgehend auf den Klimaschutz, also auf die geplante Reduktion der Treibhausgase; unberücksichtigt bleibt die Klimafolgenanpassung.
Klimaschutz und Klimafolgenanpassung
Sowohl Klimaschutz (Treibhausgas- bzw. CO2-Reduktion) als auch Klimafolgenanpassung (Küsten- und Binnenhochwasserschutz für Hamburg) sind notwendige Elemente einer nachhaltigen Entwicklung, die sich aus den Risiken der Erderwärmung ergeben. Sie in einem „Klimaplan“ zu integrieren, scheint deswegen nahe zu liegen. Beide Problembereiche unterscheiden sich jedoch erheblich und haben in ihren Lösungsansätzen kaum Gemeinsamkeiten: Hamburg war und ist ein Mitverursacher der globalen Erderwärmung. Die Reduktion der Treibhausgase / CO2-Emissionen ist deswegen auch eine Frage der Gerechtigkeit gegenüber ärmeren und vom Klimawandel stärker betroffenen Regionen. Dagegen ist die Klimafolgenanpassung Selbstschutz vor der (mitverschuldeten) Erderwärmung. Beide Aufgaben sind unabhängig voneinander zu bewältigen. Sie können sich in ihrer Wirkung nicht ersetzen. Das zeigt sich übrigens auch in der unterschiedlichen Zuordnung der beiden Bereiche in der Verwaltung. Nur die allgemeine Forderung an Stadtplanung und Quartiersentwicklung, Wald- und Grünflächen zu erhalten und z.B. durch Dachbegrünung zu ergänzen, dient der „Bindung“ sowohl der CO2-Emissionen als auch des Regenwassers.
Die gemeinsame — eher: abwechselnde — Darstellung beider Bereiche im Klimaplan vermischt Unterschiedliches und beeinträchtigt die Übersicht und Verständlichkeit. Die gemeinsame Finanzierungsliste in der Anlage 1 des Klimaplans verquickt die Mittelansätze für die beiden Bereiche, macht ihre Verteilung intransparent. Auch das Etikett „Climate Smart City“ (S.6 ff.), das die Integration von Klimaschutz und Folgenanpassung beinhaltet, hat keinen analytischen Erkenntniswert.
Werden dennoch Klimaschutz und Klimafolgenanpassung in einem Klimaplan erörtert, sollten beide Bereiche grundsätzlich getrennt voneinander abgehandelt werden. Die wenigen Bezugspunkte zwischen ihnen könnten dann durch Verweise verdeutlicht werden.
Überdies könnte die deutlich stärkere Betonung der Klimaanpassungsmaßnahmen im aktuellen Klimaplan gegenüber früheren Klimaschutzkonzepten dem Eindruck Vorschub leisten, Hamburg wolle sich allmählich seiner globalen Verantwortung entziehen und stärker auf die lokalen Eigeninteressen konzentrieren. Das akribische Klimafolgen-Monitoring (S.81f.), die Erhöhung der Mittel für die Klimafolgenanpassung und die gleichzeitige Absenkung der Mittel für den Klimaschutz (siehe unten 3.) wirken einem solchen Eindruck kaum entgegen.
Die CO2-Reduktions-Ziele
Die langfristigen Klimaschutz-Ziele des Klimaplanes sind identisch mit den EU- und nationalen Zielen für 2050 (80–95% CO2-Reduktion). Für 2030 übertrifft der Hamburger Klimaplan das EU-Ziel sogar (EU: ‑40%; HH: ‑50%). Dies könnte der Erkenntnis geschuldet sein, dass gerade die Städte Hauptversursacher der Treibhausgas-Emissionen sind und deswegen eine „Schlüsselrolle“ beim Klimaschutz spielen (S.4). Für das nächstliegende Ziel 2020 beschränkt sich das Klimaplan-Ziel jedoch auf einen „Beitrag zum nationalen Ziel von ‑40%“ (S.7). Eine Reduktion des absoluten CO2-Ausstoßes um ‑40% seit 1990 bedeutet für Hamburg eine Reduktion von insgesamt 8,3 Mio t CO2. Davon sparte Hamburg in 23 Jahren (bis 2013) nur knapp 3 Mio t bzw. 14,3% ein (S.78). Für die 7 Jahre bis 2020 bleiben insgesamt noch über 5 Mio t CO2 einzusparen. Der Klimaplan will dazu 2 Mio t Einsparung beitragen.
Beim ‑40%-Ziel geht es um absolute Emissionswerte der gesamten Stadt bzw. Bundeslandes – ungeachtet des Bevölkerungswachstums. Doch selbst wenn ein Vergleich der Pro-Kopf-Emissionen das Bevölkerungswachstum Hamburgs herausrechnet, bleibt eine deutliche Lücke: 1990 beliefen sich die Pro-Kopf-CO2-Emissionen Hamburgs auf 12,2 t/Einw/a. Eine Reduktion dieses Indikators um ‑40% (bis 2020) ergibt eine Pro-Kopf-Emission von 7,32 t/Einw/a. Der Klimaplan begnügt sich mit einer Zielzahl 2020 von 9 t/Einw/a (S.7). 2013 wurden in Hamburg 10,2 t/Einw/a erreicht, nachdem die Pro-Kopf-Emissionen 2009 schon einmal bei 9,5 t/Einw/a lagen.
Der Klimaplan verrät nicht, mit welchen weiteren Beiträgen zum nationalen ‑40%-Ziel der Senat rechnet, um das Ziel insgesamt zu erreichen. Doch erst eine Wirkungsabschätzung von ergänzenden Maßnahmen des Bundes und anderer Hamburger Projekte (außerhalb des Klimaplans) würde nachvollziehbar machen, ob die Maßnahmen des Klimaplans ausreichen. So aber ist nicht erkennbar — und nach den dargestellten Erfolgen höchst zweifelhaft -, ob mit den Klimaplan-Maßnahmen bis 2020 das nationale Ziel von ‑40% und darüber hinaus eine CO2-Reduktion von 50% bis 2030 erreicht werden kann. Bisher (1990 bis 2013) erreichte Hamburg erst eine absolute CO2-Reduktion von ‑14,3 % (Pro-Kopf: ‑16,4%), Deutschland insgesamt dagegen von ‑23,7%.
Es kommt hinzu, dass bei allen diesen Berechnungen die CO2-Emissionen der „Vorkette“, also die Emissionen bei der Gewinnung, Produktion und Verteilung von Energie und Gütern, noch nicht eingerechnet sind (vgl. S.51).
Außerdem beschränkt sich Hamburg auf Zielwerte allein auf CO2-Emissionen, während die nationale Klimaschutzstrategie auch die anderen Treibhausgase bzw. ihre CO2-Äquivalente in den Blick nimmt (S.80 f.). Da Methan und Lachgas das Klima 28- bzw. 265-mal so stark schädigen wie Kohlendioxid, sollte auch Hamburg – wie die Bundesstatistik – diese anderen Treibhausgase (als CO2-Äquivalente) in seine Berechnungen integrieren.
Die Finanzmittel für den Klimaschutz
Am Ende der schwarz-grünen Regierungskoalition in Hamburg standen für den Klimaschutz pro Jahr noch 23,5 Mio € (2010) bzw. 22,5 Mio € (2011, vgl. Bü-Drs.19/8311) zur Verfügung. 2016 sind es 6,7 Mio €. Trotz der unübersichtlichen Darstellung der Mitteleinsätze pro Jahr (S.67 ff. des Klimaplans, Anlage 1) ist der Tabelle 1 auf S.68 zu entnehmen, dass für 2016 in folgenden Handlungsfeldern geringere Ansätze geplant sind als 2015: Stadtentwicklung, Gebäude, Mobilität, Natur- und Bodenschutz, Bildung. Allerdings fehlen – mangels Mittelansätzen? — 4 Handlungsfelder („Konsum und Entsorgung“, „Küstenhochwasserschutz“, „menschliche Gesundheit“ und „Infrastruktur“) ganz; dafür kommt das Handlungsfeld „Monitoring“ in der Tabelle 1 hinzu. Bei Energie und Wirtschaft liegt der 2016-Ansatz unter dem durchschnittlichen Jahresansatz für die Zeit 2013 ‑2015. Nur beim (neuen) Handlungsfeld Monitoring, das keine direkten CO2-Einsparungen auslöst, übersteigt der 2016-Ansatz den Vorjahres-Ansatz um mehr als das 6‑Fache. Die Ausführungen des Klimaplans legen es nahe, dass hier das Klimafolgen-Monitoring, nicht das Klimaschutz-Monitoring gemeint ist.
Noch deutlicher wird die Senkung der Finanzmittel 2016, wenn die „in Umsetzung gebrachten“ Mittel verglichen werden: Waren dies 2013 15,6 Mio € und 2014 15,5 Mio €, verringerten sich die Mittel schon 2015 auf 7,9 Mio € (plus einer wahrscheinlichen Ergänzung von ca.2 Mio €). 2016 stehen demgegenüber „6.688 Tsd <6,7 Mio> € als Ermächtigung zur Verfügung“ (S.72), wovon erstmals 0,27 Mio € für Monitoring-Maßnahmen im Bereich Klimafolgenanpassung (Projekt-ID 117) vorgesehen sind.
Instrumente der Klimaschutzpolitik
Die drei Bereiche „Gebäude“, “Mobilität“ und „Wirtschaft“ sind nach dem Klimaplan verantwortlich für 99% des Endenergieverbrauchs und damit der CO2-Emissionen. Diese Bereiche befinden sich jedoch weitestgehend in privatem bzw. privatwirtschaftlichem Eigentum und dessen prinzipieller Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung. Dazu hat auch die staatliche Privatisierungspolitik (Verkauf von Staatseigentum, Aufgabe der Erbpacht) in der Vergangenheit beigetragen.
Der Einfluss des demokratisch legitimierten Staates auf das Verhalten von Privatrechtssubjekten ist beschränkt auf die Setzung rechtlicher Rahmenbedingungen durch Grenzwerte, Ge- und Verbote und Förderprogramme. Während das Klimaschutzkonzept 2007–2012 noch einen eigenen Abschnitt zur Erweiterung der ordnungsrechtlichen Klimaschutzmaßnahmen enthielt, beschränkt sich der Klimaplan 2015 auf die finanzielle und beratende Unterstützung freiwilliger privater / privatwirtschaftlicher Entscheidungen. Ordnungsrechtliche Maßnahmen – soweit sie landesrechtlich zulässig wären – sieht der Klimaplan nicht vor, weder im Hinblick auf die 2013 wieder angestiegenen CO2-Emissionen des Verkehrs (S.77), noch in Bezug auf die Bestandswohnungen, von denen 70% vor 1978 und damit zumeist schlecht gedämmt gebaut wurden (S.29).
Die Inanspruchnahme bzw. erfolgreiche Ausschöpfung der staatlichen Förderungen für Klimaschutzmaßnahmen trifft anderseits auf Hindernisse: Bei der Mobilität stehen den (eher bescheidenen) Förderangeboten starke Gewohnheiten, Mehrkosten bzw. Komfort-Einschränkungen gegenüber. Bei energetischen Sanierungen im Bestandsgebäudebereich scheuen private Vermieter vielfach die (allerdings sukzessive umlegbaren) Investitionskosten oder auch den Widerstand der einkommensschwächeren Mieter. Die Wirtschaft – mit Ausnahme energieintensiver Unternehmen – sieht angesichts des oft geringen Stellenwertes der Energiekosten ebenfalls oft keinen Anlass, die staatlichen Förderangebote für größere Klimaschutz-Investitionen in Anspruch zu nehmen.
Ohne ergänzende ordnungsrechtliche Maßnahmen in diesen Bereichen werden die vom Klimaplan und der nationalen Klimaschutzstrategie anvisierten Ziele kaum zu erreichen sein. Zu erwägen wären im Verkehr z.B. Fahrbeschränkungen bei deutlichen Grenzwertüberschreitungen, effiziente Kontrollen der Kfz-Abgaswerte und Geschwindigkeitsbegrenzungen. Im Wohnungsbereich kommen neben Klimaschutz-Vorgaben in den Bebauungsplänen (z.B. Solarenergie) auch Überprüfungs- und Sanierungsintervalle sowie ein Gebot des Einsatzes erneuerbarer Wärme bei Heizungssanierungen in Betracht. Bei Industrie und Gewerbe ist in erster Linie an verschärfte Grenzwerte für Emissionen und eine Rechenschaftspflicht für die Ökobilanz auch der Lieferketten, sowie an ein Gebot von Nachhaltigkeitsberichten z.B. nach der Global Reporting Initiative (GRI) zu denken.
Der Klimaplan geht schließlich nicht ein auf die Erfahrungen und best practices anderer vergleichbarer Großstädte. Hamburg ist Mitglied verschiedener Städtenetzwerke, die auch den Klimaschutz zum Gegenstand haben. Das Klimabündnis von 1990 scheint inzwischen ebenso in Vergessenheit geraten zu sein wie die Aalborg-Charta, die Hamburg 1996 unterschrieb und in der sich die europäischen Unterzeichnerstädte zu einer lokalen Nachhaltigkeitsstrategie verpflichteten.
Effizienz- und Suffizienz-Ansätze
In allen Klimaplan-Kapiteln zum Klimaschutz geht es fast ausschließlich um die Ausschöpfung von Effizienzsteigerungspotentialen, um technische Maßnahmen zur Bedarfssenkung und um die Ersetzung fossiler durch regenerative Energieträger. Lebensstilfragen, notwendige Verhaltensänderungen und die Folgen des Wachstumsdogmas werden nicht wirklich thematisiert. Beim Handlungsfeld „Konsum und Entsorgung“ (S.51) bleiben entsprechende Hinweise übervorsichtig bis kryptisch („Klimaschutz muss somit bewusst als ein Entscheidungsfaktor der Bürgerinnen und Bürger im Rahmen ihres Konsum- und ihres Entsorgungsverhaltens aufgenommen werden“). Selbst beim Handlungsfeld „Bildung“ verdecken Begriffe wie „bewusstes Handeln“ und „Handlungsoptionen“ das Problem eher. Immerhin postuliert der Klimaplan nicht nur eine Energie‑, sondern allgemein auch eine „Ressourcenwende“ (S.12). Die naheliegende Auseinandersetzung mit dem herrschenden Wachstumsdogma unterbleibt jedoch; auch hier geht es wohl hauptsächlich um Effizienzsteigerungen. Selbst auf die üblichen Hinweise auf eine (begrenzte) Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und CO2-Emissionen verzichtet der Klimaplan.
Ohne eine gesellschaftliche Suffizienz-Debatte („Was ist genug?“) und eine energische Werbung für nachhaltigen Konsum wird Hamburg seine Klimaziele kaum erreichen. Denn sie sind die Voraussetzung für eine Minimierung der sog. Reboundeffekte, also dem Ausweichen auf mehr bzw. andere Güter zur Gratifikation für bzw. Kompensation von Einsparerfolgen. So werden etwa CO2-Einspareffekte, die eine bessere Wärmedämmung der Wohnbauten auslöst, konterkariert durch den überproportionalen Anstieg von Ein-Personen-Wohnungen und einem Anstieg der Wohnfläche pro Einwohner. Reboundeffekte gefährden jede CO2-Reduktionspolitik, werden im Klimaplan jedoch ebenso wenig erwähnt, geschweige denn diskutiert, wie Suffizienz-Ansätze.
Kommentare, Vorschläge, Unklarheiten
m Folgenden werden einzelne Ausführungen (mit Seitenzahl der Senatsmitteilung 21/2521) kommentiert und Unklarheiten — zumindest für den Nicht-Experten — aufgezeigt. Die Bemerkungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit:
· S.10 ff.: Die vier „aggregierten strategischen Cluster“ lassen neben den 14 Handlungsfeldern eine eigene Rechtfertigung, einen eigenen Sinn nicht erkennen und erscheinen relativ willkürlich und folgenlos. Die hervorgehobenen „Leitziele“ sind zu abstrakt, die konkreten Beispielsprojekte eher den Handlungsfeldern zuzuordnen. Die Ausführungen zum Klimaschutz einerseits und zur Klimafolgenanpassung andererseits bleiben ohne innere Verbindung.
· S.18 ff.: Die 14 Handlungsfelder kommen weitgehend ohne eine quantifizierte Analyse aus. Die Indikatoren folgen keinem einheitlichen Konzept, sind zum Teil wenig zielorientiert und zu wenig differenziert. Auch die einzelnen Klimaschutz-Projekte erscheinen eher zufällig — ohne eine Ableitung / Priorisierung aus einer Analyse und oft auch ohne direkten CO2-Reduktionseffekt.
· S.27: Ökostrom für FHH-Einrichtungen: Da dem Grünstrombezug öffentlicher Einrichtungen ein besonders großer Anteil an den CO2-Reduktionen zugeordnet wird (S. 74; Anlage 2), wären hier erläuternde Ausführungen zum Anrechnungskonzept und zum Wechsel zu einem neuen Anbieter hilfreich. Immerhin hatte das Wuppertal Institut die Anrechnung des Grünstroms bei den Hamburger CO2-Reduktionen abgelehnt. Wo wird in Zukunft der Strom für die FHH produziert? Wo stehen die (wann errichteten?) neuen Wasserkraftwerke?
· S.31: Der Indikator „Anteil der Reduzierung des Endenergiebedarfs von Gebäuden“ ist unverständlich (Anteil an was?). Es fehlen vielmehr spezifische Indikatoren für konkrete Einzelziele.
· S.34 f. Gebäudesanierung: Die angesprochene energetische Sanierung von Hochschulen, Polizeirevieren und Feuerwehrwachen bedeutet eine verspätete Gesetzesdurchführung (hier: der EnEV), eignet sich aber kaum als „Leitprojekt“ in einen Klimaplan, der auf Selbstverständlichkeiten verzichten sollte.
· S.39: Fahrradstadt Hamburg: Im Anhang 2 des Klimaplans wird dieser Maßnahme eine CO2-Reduktion von jährlich 8.500 t zugeordnet, obwohl der Masterplan Klimaschutz nur von einer Gesamteinsparung bis 2020 von 3.200 t ausging. Hier besteht Erklärungsbedarf hinsichtlich des Umrechnungskonzepts und der Bezugsgrößen.
· S.40: E‑Autos: Das geplante Ausbauziel der E‑Mobilität — 3000 (Flotten-)E‑Fahrzeuge bis 2017 (und bis 2020?) bei einem Gesamt-PKW-Bestand in Hamburg von über 615.000 Fahrzeugen (= <0,5%) — ist mehr als bescheiden. Die bereits erreichten 1750 E‑Fahrzeuge fahren im Übrigen nicht nur in Hamburg, sondern in der gesamten Metropolregion. Welches sind die Hamburger Werte?
· S.41: Emissionsfreie HVV-Busse: Interessant wäre, welchen Bus-Bestand der HVV gegenwärtig hat bzw. wann die Neubeschaffung emissionsfreier Busse ab 2020 zu einem insgesamt emissionsfreien Busverkehr führt (Ziel für Anteil emissionsfreier Busse am Bus-Bestand in 2030, 2050?).
· S.42, 48: Hafenwirtschaft: Es verwundert, dass der Klimaplan für den gesamten Hafen als riesigem Energie- und Ressourcenverbraucher praktisch keine Klimaschutzmaßnahmen (CO2-Einsparung) enthält. Das Smartport energie–Projekt lief 2015 aus, wurde mit 1 Mio € gefördert, sparte bis 2014 ganze 159 t CO2 ein und wird 2016 nicht weiter finanziert (Anlagen 1,2).
· S.44: Wälder: Bei der Holz- und Forstwirtschaft fehlen Ausführungen zur Waldfunktion als CO2-Senke. Daraus könnten / müssten sich nicht nur Erhaltungs‑, sondern auch Ausweitungs-Ziele und entsprechende Projekte ableiten.
· S.45: Umweltpartnerschaft: Warum werden nur 900 – 1200 Mitgliedsunternehmen angestrebt, wenn bereits die aktuelle Mitgliederzahl (1010) dieses „Ziel“ erfüllt?
· S.49: Hafenwirtschaft: Es werden für die Zielerreichung keine Indikatoren genannt, weil diese von den noch festzulegenden Maßnahmen abhingen. Logischer wäre es, Maßnahmen auch danach auszuwählen, ob sie die aus der formulierten Zielerreichung abgeleiteten Indikatoren berücksichtigen.
· S.50: Kitas: Bei 182 Kita-Gebäuden erscheint eine jährliche CO2-Reduktion von nur 155 t insgesamt bis 2020 zu wenig ehrgeizig. Immerhin wurden bislang nur 19 Kitas saniert, das Potential bleibt also (auch bei Angebotserweiterungen) groß.
· S.52: Beschaffung: Was ist ein „verbindlicher Leitfaden“? Müssen Beschaffungsverantwortliche Energie‑, Ressourcen- und CO2-arme Produkte wählen oder wird ihnen nur für den Fall, dass sie dies tun wollen, ein zu beachtender Leitfaden für die Vergleichsrechnung an die Hand gegeben?
· S.52: Abfall-Recycling: Da Hamburg das bundesdeutsche Schlusslicht beim Abfall-Recycling ist, sollten besonders hier zur Durchsetzung des Müll-Sortierens auch ordnungsrechtliche Maßnahmen (Bußgelder) erwogen werden.
· S.78 f.: Veränderung der CO2-Emissionen: Abb.15 ist aus sich heraus kaum verständlich. Erklärungsbedürftig ist insbesondere das Verhältnis von „EEG“ (das Gesetz selbst kann kaum gemeint sein) zu den CO2-Emissionen in den „Stromverbräuchen“.
· Anlagen 1 und 2: Die beiden Maßnahmenlisten (Finanzierung und CO2- Einsparungen) sollten zu einer gemeinsamen Liste zusammengeführt und nachvollziehbarer werden. Obwohl die Projekt-ID der Maßnahmen in beiden Listen vorkommen, sind diese in der vorliegenden Form nur schwer miteinander zu vergleichen – die Reihenfolge variiert, die Handlungsfelder variieren, einzelne Maßnahmen gehen in anderen auf. Es ist unklar, ob alle Maßnahmen der Finanzierungsliste, die in der CO2-Reduktionsliste nicht aufgeführt sind, ausschließlich Projekte der Klimafolgenanpassung sind und/oder keine CO2-Einsparungen erwarten lassen.
· Interessant ist die Spalte CO2-Soll 2020 in Anlage 2: Danach gibt es einerseits Projekte, deren CO2-Soll für 2020 mit 0 angegeben werden, für die aber zu den Jahren 2013 und 2014 durchaus CO2-Reduktionen ausgewiesen werden. Andererseits macht diese Spalte aber auch deutlich, wo die bisher erreichte CO2-Einsparung eine Erreichung des Soll-Ziels 2020 kaum noch zulassen (vgl. Projekte 002, 014, 018, 031, 033, 034, 058, 073).
Zusammenfassung
Die zusätzliche Integration und Verstärkung der Klimafolgenanpassung im Klimaplan machen die Darstellung der Klimaschutzpolitik unübersichtlicher. Sie könnten den Eindruck erwecken, Hamburg wolle sich allmählich aus seiner globalen Verantwortung zurückziehen und sich mehr dem (lokalen) Eigeninteresse widmen.
Das CO2-Reduktions-Ziel für 2020 (2 Mio t CO2-Einsparung als Beitrag zum nationalen ‑40%-Ziel) ist kaum ausreichend: Seit 2013 müssten bis 2020 vielmehr insgesamt noch 5 Mio t (von insgesamt 8,5 Mio t 1990 – 2020) eingespart werden. Der bisherige Einspar-Erfolg (1990−2013) liegt bei nur 3 Mio t. Selbst das Pro-Kopf-Ziel des Klimaplans von 9 t/Einw/a ist angesichts der notwendigen 7,32 t/Einw/a (-40% seit 1990) zu gering. Die Bundes- und anderen Landes-Maßnahmen, die für eine (gemeinsame) Zielerreichung notwendig sind, benennt der Klimaplan nicht.
Die Finanzmittel für Klimaschutzmaßnahmen werden 2016 erneut reduziert — auf 6,7 Mio €. Dies entspricht nur noch 28,5% der 2010 für den Klimaschutz zur Verfügung gestellten Mittel (23,5 Mio €). 2014 wurden noch 15,5 Mio, 2015 9,9 Mio € für den Klimaschutz „in Umsetzung gebracht“.
Der Klimaplan beschränkt die Instrumente zur CO2-Reduktion einerseits auf Maßnahmen an städtischem Eigentum (Gebäude, Fuhrpark usw.) und andererseits auf Förderungen freiwilliger privat(wirtschaftlich)er Maßnahmen. Ordnungsrechtliche Ergänzungen durch Handlungs-Ge- und Verbote erwägt der Klimaplan nicht. Angesichts verschiedener Hemmnisse ist jedoch nicht gesichert, dass die Anreize für freiwillige private Klimaschutz-Maßnahmen auch tatsächlich in dem für die CO2-Einspar-Rechnung zugrunde gelegten Umfang angenommen werden.
Der Klimaplan verfolgt fast ausschließlich Effizienz-Ansätze und technische Lösungen. Die Auswirkungen des Rebound-Effektes, der diese konterkariert, werden ebenso wenig diskutiert wie Suffizienz-Ansätze und Fragen des Wachstumszwangs.
Auch im Detail bleiben einige Fragen und Unklarheiten.
Der Zukunftsrat Hamburg versteht die vorstehende Stellungnahme als eine Diskussionsgrundlage und ist daran interessiert, seine Sicht des Klimaplans mit den Verantwortlichen in der Behörde für Umwelt und Energie sowie mit Abgeordneten des Umweltausschusses der Bürgerschaft zu erörtern.