Kunststoff ist ein geniales Material, an alle Wünsche und Anforderungen anzupassen. Aber: Es emittiert viel CO2 bei Herstellung und Verarbeitung; es lebt zu lange, zerbröselt zu Mikroplastik und hat in der Natur, in Meeren und Flüssen nichts zu suchen.
Die Mär vom deutschen Musterschüler
In Deutschland ist das Vermüllungsproblem nicht so groß wie anderswo: Wir haben die Mülltrennung, gelbe Säcke/Tonnen und eine funktionierende Müllabfuhr.
Und wir haben die gesetzliche Pflicht zum Recyclen, also zur „stofflichen Verwertung“, wenn Müllvermeidung nicht möglich ist. Nur was nicht recycelt werden kann, ist „energetisch“ zu verwerten, zu verbrennen. Deponien sind in Deutschland keine Option mehr.
Und dennoch liegt auch Plastik aus Deutschland an den Stränden Malaysias, Indonesiens und anderswo: Gelbe Säcke dürfen exportiert werden. Deutschland ist mit 740.000 Tonnen (2018) drittgrößter Plastik-Exporteur der Welt. Aus den Augen, aus dem Sinn — aber nicht aus der Welt.
Die Crux mit dem Recycling
Was in Deutschland bleibt, geht durch die Sortieranlagen. Ganze 16 % des Inputs kommen als sortenreines Granulat wieder heraus und werden tatsächlich in neuen Produkten verwertet. Mindestens 50% sollten es nach dem Verpackungsgesetz sein. Aber die Nachfrage nach dem Granulat ist begrenzt: Frisches Plastik ist billiger. Und was mit dem Recyklat produziert wird — Parkbänke, Blumentöpfe -, ist „downcycling“. Aber Ressourcenschutz?
Der größere Teil des Gelbe-Tonnen-Inhalts — Verbundmaterialen, Mehrschichtfolien, „Fehlwürfe“ — ist stofflich nicht verwertbar. In Müllverbrennungsanlagen dient dieser Rest bestenfalls der Stromproduktion oder in Zementfabriken als günstiger Ersatzbrennstoff.
Auch Plastik, das nicht in der gelben Tonne landet, sondern – kaum weniger — im Haushalts-Restmüll (ca. 6% Plastik) oder in den öffentlichen Papierkörben, kommt ins Feuer.
Meine Meinung
Solange Abfälle / gelbe Säcke exportiert werden dürfen, solange schwimmt auch deutsches Plastik in den Ozeanen. Die stoffliche Verwertung im Ausland kann nicht kontrolliert werden. Sie wird die deutsche Recyclequote auch kaum übersteigen.
Solange der Gesetzgeber die Produktverantwortung der Hersteller nicht verschärft, solange werden die gesetzlichen Recyclingquoten Illusion bleiben. Nur gut recyclebarer Kunststoff sollte in den Verkehr gebracht werden dürfen. Verstöße wären zu verfolgen. Das würde viel Müll vermeiden.
Solange Hersteller von Kunststoff nicht einen angemessenen Anteil von Recyclaten verwenden müssen, solange bleibt Ressourcenschonung ein Lippenbekenntnis und das Recycling teure Symbolpolitik.
Und schließlich: Die manuelle Mülltrennung nervt und verunsichert die Haushalte. Sie ist aufwendig, unzuverlässig und bedarf der maschinellen Nachsortierung. Das in Hamburg-Stellingen geplante Zentrum für Ressourcen und Energie ZRE soll ungetrennten Hausmüll vollautomatisch sortieren und verwerten — in viele verschiedene Fraktionen und Endprodukte. Wissenschaftler*innen sollten klären, ob dies nicht die Müllbehandlung der Zukunft sein kann – zur Rettung von Ressourcen und zur Entlastung von Haushalten und Straßen.
Aber ohne manuelle Mülltrennung hätten wir vielleicht nicht mehr so deutlich vor Augen, wie viel Müll und Rohstoffe unser nicht nachhaltiger Lebens- und Konsumstil fordert…
Foto: Hanne Hasu auf Pixabay