2019 stammte der in Deutschland verbrauchte Strom zu 47,3% aus CO2-freien, erneuerbaren Energieträgern – Wind, Biomasse, Photovoltaik, Wasser.
Ob Blockheizkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung Ökostrom erzeugen, ist (eigentlich) nur abhängig vom Brennstoff. Ob Strom aus Biomasse – Pflanzen, Abfall, Biogas, Holz – nachhaltig ist, ist ein anderes Kapitel.
Überall fließt derselbe Strom aus der Steckdose, europaweit — völlig egal, ob ich nun einen Ökostromtarif bei Hamburg Energie habe oder einen Grundversorgungstarif bei Vattenfall.
Der EEG-Strom
Der wachsende Öko-Anteil am Strom ist nicht den Stromkunden und Versorgern zu danken, sondern dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Das verpflichtet die Netzbetreiber, Ökostrom vor Kohlestrom ins Netz zu lassen und dessen Erzeugern festgelegte Einspeisevergütungen zu zahlen. Dafür kassieren sie den Verkaufspreis an der Strombörse und die EEG-Umlage, die alle privaten Stromkunden zahlen.
Das hilft dem Stromversorger, dem Stadtwerk: Für die EEG-Umlage, die die Stromkunden in seinem Versorgungsgebiet zahlen, wird ihm – nicht dem Kunden! — rein rechnerisch eine entsprechende Menge EEG-Ökostrom zugeordnet. Damit darf er werben, z.B. dass sein Strommix zu 45% aus „Erneuerbaren Energien – gefördert nach EEG“ besteht. Das dürfen auch Versorger, die sich von den großen Energieunternehmen hauptsächlich mit Atom- und Kohlestrom beliefern lassen. Verboten sind aber Kundendirektverträge über diesen EEG-geförderten „Ökostrom“.
Der Zertifikate-Strom
Solche Endkundenverträge sind nur zulässig über Strom mit Herkunftsnachweis — aus Wasserkraftwerken in Norwegen oder der Schweiz z.B. Auch nur scheinbar: Nach EU-Recht erhält das Wasserkraftwerk für jede MWh einen Herkunftsnachweis für Ökostrom. Dieses Zertifikat ist handelbar, auch ohne dass tatsächlich eine Stromlieferung erfolgt. Kauft ein deutscher Versorger solche Nachweise, darf diese Strommenge nicht mehr als Ökostrom behandelt werden. Der deutsche Versorger aber darf damit als „Erneuerbare Energien — nicht EEG-gefördert“ werben.
Und warum soll ich nun „zu Ökostrom wechseln“? (Schon die Wortwahl offenbart das Missverständnis.) Wenn ich damit den Ausbau von Ökostrom doch gar nicht fördere?
Der wahre Öko-Strom
Hier kommen die Siegel / Label für Ökostromprodukte wie „grüner Strom“, „ok-power“ oder TÜV-Zertifikate ins Spiel. Solche Zeugnisse bekommen z.B. Energieversorger, die ausschließlich Ökostrom anbieten und auch keine Beteiligungsbeziehungen zu Atom- oder Kohlestromerzeugern haben. Und solche, die den Ökostrom selbst produzieren oder real aus erneuerbaren Quellen beziehen.
Zur Unterstützung der Energiewende fordern manche Siegel, dass die Versorger einen Anteil des Strompreises in Förder-Maßnahmen investieren. 0,3 – 0,5 Cent pro kWh sollten es schon sein. Für neue Erzeugungsanlagen, Speichertechnik oder „virtuelle Kraftwerke“.
Menge und Gleichzeitigkeit
Und schließlich muss der an die Endkunden verkaufte Ökostrom mengenmäßig dem eingekauften / selbst erzeugten Ökostrom entsprechen — übers Jahr. Eine auch zeitgleiche Ein- und Ausspeisung von Ökostrom ist dagegen Illusion: Bei „Dunkelflaute“ muss Ersatzenergie her. Die kurzfristige von der Strombörse ist immer „Graustrom“, also nicht öko…
Muss Ökostrom so kompliziert sein, so intransparent? Wann ist Strom endlich immer Ökostrom — weil die erneuerbaren Energieträger plus Stromspeicher alle Atom‑, Kohle‑, Erdöl- und Erdgas-Kraftwerke verdrängt haben?
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