• Über uns
    • Auf­ga­ben & Leitziele
    • Unse­re Mitglieder
      • Mit­glied werden
    • Der Koor­di­nie­rungs­kreis
    • Die Geschäfts­stel­le
      • Sat­zung des Ver­eins “Stif­tung Zukunfts­rat Hamburg”
      • Geschäfts­ord­nung
    • Trans­pa­renz­in­for­ma­ti­on
    • His­to­rie
  • The­men
    • 25 Jah­re ZR – Eine digi­ta­le Festschrift
    • Das Ham­bur­ger Zukunftsmanifest
    • Enquete-Kom­mis­si­on “Nach­hal­ti­ge Zukunftsentwürfe”
  • Ter­mi­ne
    • Ver­an­stal­tung vorschlagen
  • Aktu­el­les
    • Pres­se­mit­tei­lun­gen
    • Der Zukunfts­rat Newsletter
      • News­let­ter Archiv
      • News­let­ter bestellen
    • Link Emp­feh­lun­gen
  • Publi­ka­tio­nen
    • Der HEINZ – Ham­bur­ger Ent­wick­lungs- INdi­ka­to­ren Zukunftsfähigkeit
  • Blog
  • Kon­takt
    • Mit­glied werden
    • News­let­ter bestellen

Wor­über reden wir eigent­lich? Wenn Kli­ma­schutz-Befür­wor­ter in ver­schie­de­nen Wel­ten leben

Posted on 5 Okt. um 18:24 Uhr

Neu­lich saß ich in einer Podi­ums­dis­kus­si­on zum Kli­ma­wan­del. Vier kom­pe­ten­te Frau­en, alle enga­giert, alle für Kli­ma­schutz. Eine Psy­cho­lo­gin von Psy­cho­lo­gists for Future, eine Bür­ger­meis­te­rin aus einer nord­deut­schen Ener­­gie-Pio­­nier­­ge­­mein­­de, eine Akti­vis­tin eines Wider­stands­kol­lek­ti­ves, und die Moderatorin.

Auf den ers­ten Blick per­fek­te Vor­aus­set­zun­gen für einen kon­struk­ti­ven Dia­log. Alle stan­den auf der­sel­ben Sei­te. Und genau da begann das Problem.

Vier Men­schen, vier Welten

Wäh­rend der andert­halb Stun­den wur­de mir klar: Die­se vier Men­schen leb­ten in völ­lig ver­schie­de­nen emo­tio­na­len Rea­li­tä­ten — obwohl sie alle “für Kli­ma­schutz” waren.

Die Akti­vis­tin sprach mit spür­ba­rer exis­ten­zi­el­ler Dring­lich­keit: “Jetzt sind Kipp­punk­te erreicht, jetzt ste­hen wir am Beginn einer Kli­ma­ka­ta­stro­phe.” Für sie ist der Mee­res­spie­gel bereits unum­kehr­bar dabei, um meh­re­re Meter anzu­stei­gen. Ham­burg wird davon betrof­fen sein — aber die Poli­tik plant immer noch neue Wohn­ge­bie­te am Was­ser, statt Eva­ku­ie­rungs­plä­ne zu ent­wi­ckeln. In ihrer Welt ste­hen wir nur weni­ge Schrit­te ent­fernt von einem Kol­laps unse­rer Zivilisation.

Die Bür­ger­meis­te­rin hin­ge­gen strahl­te Opti­mis­mus und loka­len Stolz aus: “Die Letz­te Gene­ra­ti­on braucht bei uns im Ort nicht auf­tau­chen. Da kommt nie­mand, weil wir ganz gute Poli­tik machen.” In ihrer Welt funk­tio­niert Kli­ma­schutz her­vor­ra­gend: Fern­wär­me für 7 Cent die Kilo­watt­stun­de, öko­lo­gi­sche Bau­plä­ne, grü­ne Gesprä­che mit Kom­mu­nal­po­li­ti­kern. Ihre Bot­schaft war klar: Bei uns läuft das schon mit dem Kli­ma­schutz — mit Freu­de und auf einem sehr guten Weg. Kli­ma­ak­ti­vis­ten? Bei uns nicht nötig.

Die Psy­cho­lo­gin beweg­te sich zwi­schen bei­den Polen: Bewusst für die Dring­lich­keit, aber in einer pro­­fes­­sio­­nell-ana­­ly­­ti­­schen Distanz. Ihre Welt war geprägt von der Fra­ge, wie ver­schie­de­ne Men­schen ver­schie­de­ne Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sti­le brau­chen — “jeder soll das machen, was sei­nem Stil entspricht.”

Die Mode­ra­to­rin schließ­lich war sicht­bar dar­auf bedacht, alles har­mo­nisch und freund­lich zu hal­ten. Als spä­ter kri­ti­sche, hin­ter­fra­gen­de Fra­gen aus dem Publi­kum kamen, empör­te sie sich regel­recht über deren “Tri­bu­nal­cha­rak­ter” — bloß kei­ne ech­te Kon­tro­ver­se ent­ste­hen las­sen. Das geord­ne­te Gespräch war ihr Ziel.

Das höf­li­che Aneinander-Vorbeireden

Andert­halb Stun­den lang tausch­ten sie höf­lich ihre Welt­an­schau­un­gen aus, nick­ten respekt­voll, bezo­gen sich aber kaum auf die tief­lie­gen­den Unter­schie­de der ande­ren. Die Akti­vis­tin sprach von Kli­ma­ka­ta­stro­phe und stei­gen­dem Mee­res­spie­gel — die Bür­ger­meis­te­rin von erfolg­rei­chen Fern­wär­me­pro­jek­ten. Die Psy­cho­lo­gin erklär­te ver­schie­de­ne “Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sti­le” — die Mode­ra­to­rin hüte­te die Harmonie.

Kei­ne ech­te Kon­tro­ver­se — schließ­lich waren ja alle für Kli­ma­schutz. Aber auch kein wirk­li­cher Aus­tausch über die fun­da­men­ta­len Fra­gen: Befin­den wir uns in einem exis­ten­zi­el­len Not­stand oder auf einem guten Weg? Brau­chen wir radi­ka­le Sys­tem­ver­än­de­run­gen oder rei­chen loka­le Erfolgs­ge­schich­ten? Haben wir noch Zeit für schritt­wei­se Ver­bes­se­run­gen oder läuft uns die Zeit davon?

Man rede­te höf­lich anein­an­der vorbei.

Der zen­tra­le Feh­ler: Es geht nicht um Kommunikationsstile

Die­se Sze­ne ist sym­pto­ma­tisch für den gesam­ten Kli­ma­dis­kurs. Wir tun so, als wäre es eine Fra­ge des per­sön­li­chen Stils oder der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie, ob wir in einer exis­ten­zi­el­len Kri­se ste­cken oder nicht.

Aber hier liegt das fun­da­men­ta­le Problem:
Es geht nicht um Mei­nun­gen, Sti­le und Vor­lie­ben. Es geht um Physik.

Ent­we­der über­schrei­ten wir kri­ti­sche Kipp­punk­te des Erd­sys­tems oder nicht. Ent­we­der steigt der Mee­res­spie­gel um meh­re­re Meter an oder nicht. Ent­we­der befin­den wir uns in einem “Code Red für die Mensch­heit” (UN 2021) oder auf einem guten Weg mit loka­len Lösungen.

Die­se Fra­gen haben objek­ti­ve Ant­wor­ten — auch wenn sie unbe­quem sind.

Was ist dei­ne Realität?

Bevor du wei­ter­liest, drei Fra­gen an dich persönlich:

1. Wel­che Zeit­vor­stel­lung hast du? Spre­chen wir von Pro­ble­men für unse­re Enkel oder schon für uns selbst? Haben wir noch Jahr­zehn­te Zeit für eine geord­ne­te Trans­for­ma­ti­on oder nur noch weni­ge Jah­re, bevor kri­ti­sche Kipp­punk­te über­schrit­ten wer­den?
2. Wie kon­kret stellst du dir die Aus­wir­kun­gen vor? Etwas wär­me­re Som­mer und höhe­re Deich­kos­ten? Oder Zusam­men­brü­che von Ernäh­rungs­sys­te­men, Mil­lio­nen von Kli­ma­flücht­lin­gen auch in Euro­pa, Über­for­de­rung unse­rer demo­kra­ti­schen Insti­tu­tio­nen?
3. Auf was wärst du bereit zu ver­zich­ten, wenn das Leben dei­ner Kin­der davon abhin­ge? Auf Kreuz­fahr­ten? Das Auto? Fern­rei­sen? Fleisch? Das grö­ße­re Haus? Dei­nen aktu­el­len Lebensstil?

Dei­ne spon­ta­nen Ant­wor­ten ver­ra­ten dir: In wel­cher emo­tio­na­len Welt lebst du? Und damit: Wor­über redest DU eigent­lich, wenn du über Kli­ma­wan­del sprichst?

Das Pro­blem der frag­men­tier­ten Realitäten

Was auf dem Podi­um pas­sier­te, durch­zieht die gesam­te Kli­ma­de­bat­te. Wir dis­ku­tie­ren nicht nur über ver­schie­de­ne Lösun­gen — wir dis­ku­tie­ren über völ­lig ver­schie­de­ne Pro­ble­me und Denkansätze.

Ein Wir­t­­schafts­­­ver­­­band-Ver­­­tre­­ter sorgt sich um Gewinn­ein­bu­ßen und kurz­fris­ti­ge Wett­be­werbs­nach­tei­le — ein Akti­vist hat buch­stäb­lich Todes­angst vor dem Kol­laps der Zivi­li­sa­ti­on. Eine Kom­mu­nal­po­li­ti­ke­rin freut sich über erfolg­rei­che loka­le Pro­jek­te — eine Wis­sen­schaft­le­rin warnt vor unum­kehr­ba­ren pla­ne­ta­ren Prozessen.

Sie leben in ver­schie­de­nen Rea­li­tä­ten — und alle haben aus ihrer jewei­li­gen Per­spek­ti­ve recht. Genau hier wird deut­lich: Solan­ge wir kei­ne gemein­sa­me Fak­ten­ba­sis haben, blei­ben alle Dis­kus­sio­nen fruchtlos.

Von der End­los­dis­kus­si­on zur evi­denz­ba­sier­ten Politik

Die­se Beob­ach­tung war der Aus­gangs­punkt für mein neu­es The­sen­pa­pier. Die Kern­fra­ge: Wie kom­men wir raus aus die­sen frag­men­tier­ten Rea­li­tä­ten und end­lo­sen Grund­satz­de­bat­ten? Wie schaf­fen wir es end­lich von “Mei­nun­gen” und “Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sti­len” zu evi­denz­ba­sier­ten Entscheidungen?

Die Lösung liegt nicht in noch bes­se­ren Dis­kus­si­ons­run­den oder mehr Ver­ständ­nis für ver­schie­de­ne “Sti­le”. Sie liegt in einem sys­te­ma­ti­schen Ansatz, den wir bei jeder ande­ren Kri­se längst prak­ti­zie­ren: Erst die Expert:innen-Diagnose, dann die Therapie.

Denk an Pan­de­mien: Zuerst ana­ly­sie­ren Viro­lo­gen und Epi­de­mio­lo­gen die Lage, dann wer­den Maß­nah­men ent­wi­ckelt. Bei Finanz­kri­sen kon­sul­tie­ren wir Öko­no­men. Bei Natur­ka­ta­stro­phen koor­di­nie­ren Kata­stro­phen­schutz und Meteo­ro­lo­gen. Nie­mand käme auf die Idee, eine Pan­de­mie zu bekämp­fen, ohne vor­her das Virus zu verstehen.

Nur bei der Kli­ma­kri­se reden wir seit Jahr­zehn­ten über Lösun­gen, ohne uns zuvor auf eine ver­bind­li­che, gemein­sa­me Ein­schät­zung der Situa­ti­on, deren Umfang, zeit­li­che Ein­ord­nung und Trag­wei­te geei­nigt zu haben.

Ein sys­te­ma­ti­scher 4‑Pha­­sen-Ansatz

Das voll­stän­di­ge Papier ent­wi­ckelt dar­aus einen kon­kre­ten Vor­schlag: Einen sys­te­ma­ti­schen 4‑Pha­­sen-Ansatz, der den bereits 2021 von den UN aus­ge­ru­fe­nen “Code Red für die Mensch­heit” end­lich ernst nimmt.

Pha­se 1 wür­de den wis­sen­schaft­li­chen Not­stand insti­tu­tio­na­li­sie­ren und eine Gap-Ana­­ly­­se zwi­schen aktu­el­ler Poli­tik und IPCC-Anfor­­de­run­­gen durch­füh­ren. Pha­se 2 kon­zen­triert sich auf spe­zi­fi­sche Lösun­gen für die iden­ti­fi­zier­ten Lücken. Pha­se 3 stellt durch kon­ti­nu­ier­li­ches Moni­to­ring sicher, dass die Maß­nah­men wir­ken. Und Pha­se 4 orga­ni­siert die Umset­zung in einem ech­ten Krisenmanagement-Modus.

Para­dox: Klar­heit gehen die Men­schen mit

Ein oft über­se­he­ner Effekt die­ses sys­te­ma­ti­schen Ansat­zes: Mit der kla­ren Aner­ken­nung der Not­si­tua­ti­on und der trans­pa­ren­ten Auf­klä­rung über die kon­kre­ten Kon­se­quen­zen wird es para­do­xer­wei­se viel leich­ter, die Men­schen bei der Trans­for­ma­ti­on mitzunehmen.

War­um soll­te ich mich auf anstren­gen­de Ver­än­de­run­gen ein­las­sen, Ver­zicht üben oder mei­ne Gewohn­hei­ten ändern, wenn mir nicht wirk­lich klar ist, was pas­siert, wenn ich es nicht tue? Ist die kla­re, wis­sen­schafts­ba­sier­te Benen­nung der Bedro­hung und ihrer Kon­se­quen­zen nicht genau der ers­te Schritt, um Men­schen zu motivieren?

Das voll­stän­di­ge Papier

Im aus­führ­li­chen Papier fin­dest du:

  • Eine detail­lier­te Ana­ly­se der unter­schied­li­chen “Rea­li­tä­ten” im Klimadiskurs
  • Den kon­kre­ten 4‑Pha­­sen-Plan für wis­sen­schafts­ba­sier­te Klimapolitik
  • Ant­wor­ten auf kri­ti­sche Ein­wän­de (“Wer ent­schei­det über die Wis­sen­schaft?”, “Was ist mit der Demokratie?”)
  • Und am Ende eine sehr per­sön­li­che Reflek­ti­on: Auf was bin ich bereit zu ver­zich­ten, um das Leben mei­ner Kin­der zu retten?

Es ist Zeit für wis­sen­schafts­ba­sier­te Ehrlichkeit

Die Kli­ma­kri­se war­tet nicht auf den per­fek­ten Kon­sens. Aber sie war­tet auch nicht dar­auf, dass wir uns in end­lo­sen Debat­ten über Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sti­le und per­sön­li­che Befind­lich­kei­ten verlieren.

Es ist Zeit, dass wir alle über das­sel­be Pro­blem reden — basie­rend auf wis­sen­schaft­li­cher Evi­denz statt frag­men­tier­ten Realitätswahrnehmungen.

Down­load Dokument

Kon­takt: Frank Schier
Lin­ke­dIn

Die­ser Blog­bei­trag spie­geln aus­schließ­lich die per­sön­li­che Mei­nung des Autors wider und reprä­sen­tie­ren nicht die offi­zi­el­le Posi­ti­on des Zukunfts­ra­tes Ham­burg. Der Zukunfts­rat Ham­burg setzt sich jedoch aktiv für den Aus­tausch über ver­schie­de­ne Per­spek­ti­ven und The­men im Bereich Nach­hal­tig­keit ein.

Über den Autor

Frank Schier, 58, gebo­ren in Mainz, ist Vater zwei­er erwach­se­ner Kin­der. Nach einer Aus­bil­dung zum Hei­zungs­bau­er fand er sei­nen Weg in die Welt des Wer­be­films. Vor 25 Jah­ren grün­de­te eine eige­ne Mul­­ti­­me­­dia-Agen­­tur, die sich gemein­sam mit sei­nem spä­te­ren Geschäfts­part­ner zu einer Full-Ser­­vice-Agen­­tur SCHIER­RIE­GER ent­wi­ckel­te. Seit über 13 Jah­ren liegt deren Spe­zia­li­sie­rung auf Nach­hal­tig­keits­kom­mu­ni­ka­ti­on. Seit 2017 ist SCHIER­RIE­GER Mit­glied des Zukunfts­rats Ham­burg, und seit 2018 beklei­det Frank Schier die Posi­ti­on des Spre­chers des Zukunfts­rats. In die­ser Rol­le wid­met er sich The­men wie Kli­ma­kom­mu­ni­ka­ti­on, Kreis­lauf­wirt­schaft, Ener­gie, Stadt­ent­wick­lung und Trans­for­ma­ti­on. Dar­über hin­aus ver­tritt er den Zukunfts­rat im Nach­hal­tig­keits­fo­rum Ham­burg seit 2017.

Vorheriger Beitrag
Kli­ma­schutz ist Men­schen­recht – Was das IGH-Gut­ach­ten für Ham­burg und den Zukunfts­ent­scheid bedeutet
Nächster Beitrag
Neue Stu­die zu Angrif­fen auf die Zivilgesellschaft

© (Copy­right) 2010 — 2024 Zukunfts­rat Hamburg

  • Daten­schutz­er­klä­rung
  • Impres­sum
  • Kon­takt
  • Pri­vat­sphä­re-Ein­stel­lun­gen ändern
  • His­to­rie der Privatsphäre-Einstellungen
  • Ein­wil­li­gun­gen widerrufen