Zugegeben: in dieser Kombination ein ungewöhnliches Nachhaltigkeitsthema. Aber der Reihe nach:
Sand wird knapp
Sand kommt in Deutschland aus etwa 2500 Sand-/Kiesgruben, die pro Jahr ca. 240 Mio Tonnen fördern. Das Meiste für Beton (2÷3 Sand, 1/3 Zement), auch für Asphalt. Siliziumdioxid, Hauptbestandteil von Sand, dient zudem der Herstellung von Glas, Solarzellen, Computerchips, Waschmittel, Kosmetik.
Dank des globalen Baubooms braucht die Welt heute dreimal so viel Sand wie vor 20 Jahren. Ein Einfamilienhaus benötigt 200 t Sand, ein Kilometer Autobahn 30.000 t. Heute wird weltweit doppelt so viel Sand abgebaut, als durch Erosion und Zerkleinerung in Flüssen neu entsteht. Für Beton eignet sich nur (ehemaliger) Fluss- und Meeressand, kein Wüstensand, der ist zu rund geschliffen.
Vor allem in Asien ist Sand zur hart umkämpften Ressource geworden. Über die Hälfte der Welt-Produktion verbraucht China. Dubai und Abu Dabi mussten für ihre Großprojekte Sand aus dem fernen Australien importieren. Nachbarstaaten von Singapur haben den Sandexport in den Stadtstaat inzwischen verboten. Indonesien verlor durch Sandabbau mehrere Inseln. In Indien stiehlt eine Sand-Mafia ganze Strände. 15% der globalen Sandproduktion gelten heute als illegal. Sand wird knapp.
Torf hält CO2 fest
Moore verhindern durch ihren Wasserstand, dass Sauerstoff an Pflanzenreste gelangt und sie unter Freisetzung von CO2 zersetzt. Wachsende Moore binden immer neu organischen Kohlenstoff. Vergrabene Torfe ohne Luftkontakt schließen alten Kohlenstoff ein.
Weltweit speichern Moorböden ein Drittel des organischen Bodenkohlenstoffs, doppelt so viel wie alle Wälder zusammen. Bundesweit sind das 1,2 bis 2,4 Mrd. Tonnen gespeicherter Kohlenstoff, in Hamburg ca. 12,8 Mio t. Das ist Klimaschutz pur. Auch wenn zur Wahrheit gehört, dass aus natürlichen Mooren je nach Temperatur und Wasserstand das Klimagas Methan entweicht.
Wird ein Moor kultiviert, entwässert, der Torf gestochen, tritt in großen Mengen CO2 aus. Hamburg gibt an, aktive Moore und anstehende Torfe zu schützen.
Sand auf Torf
Sand und Torf: Mit dem Hamburger Bebauungsplan „Neuland 23“ entsteht südlich der Elbe (an der Autobahn A1 zwischen Süderelbe und Anschlussstelle Harburg) ein riesiges Gewerbegebiet für Logistikunternehmen. Inmitten von Landschaftsschutz- und Naturschutzgebieten mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten wird ein „Klima-Modell-Quartier“ auf Moorböden gebaut.
Auf Moorböden? Nicht direkt, vielmehr auf 780.000 m3 darauf aufgeschüttetem Sand (ein Würfel mit einer Kantenlänge von 92 m – Höhe der Mundsburg-Türme — und 1 Mio Tonnen Gewicht!). Versiegelung pur für einen zukünftigen Hotspot des LKW-Verkehrs in der ganzen Moorregion südlich der Elbe.
Torf und Sand. Bautätigkeit gefährdet beide Ressourcen. Deswegen: Moorböden müssen erhalten und gepflegt werden! Bausand sollte wo immer möglich durch Recyclate oder Alternativen zum Beton eingespart werden! Langfristig kommt auch die deutsche Sandproduktion an die „Grenzen des Wachstums“. Denn es gibt viele Neuland 23. Und auch Klima-Modell-Quartiere sind auf Sand gebaut und brauchen viel Beton — auch wenn sie dann Gründächer bekommen.
Foto: ReGe Hamburg