Lebensphasen und Nachhaltigkeit
„Es gibt im Leben manchesmal Momente, wo man dieses oder jenes machen könnte…“, sich z.B. spontan für einen Gemüse-Burger entscheidet und gegen ein Schnitzel, fürs Rad und gegen das Auto. Und es gibt im Leben grundsätzliche Weichenstellungen für einen mehr oder weniger nachhaltigen Lebensstil.
Geboren werden wir in eine Umwelt, die der Stand der Eltern bzw. Mutter in der Gesellschaft prägt. Viele heute über 70-Jährige haben noch immer die Hemmung, Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände wegzuwerfen — die Entbehrungen der Nachkriegszeit wirken nach. Heute wachsen die meisten – nicht alle! — Kinder in Sicherheit und Überfluss im Kinderzimmer auf. Nur wenige Kinderwünsche bleiben unerfüllt. Auch das prägt. Und darf ich als Schüler*in selbstverantwortlich zur Schule radeln oder chauffiert mich Mutter im SUV?
Im ersten Lebensjahrzehnt wachsen auch Empathie, die Sensibilität für andere, für Klima- und Umweltschutz. Mit heiligem Ernst spenden Kinder ihr Taschengeld für Katastrophen-Opfer, weisen sie Fleisch von getöteten Tieren zurück. Was daraus wird, hängt auch von den Erziehungspersonen ab.
In der Pubertät geht es dann eher um Selfies („wer bin ich?“), um das andere Geschlecht, die eigene Position in der Gesellschaft als um nachhaltiges Verhalten. Gutmensch ist out, cool ist in. Die „Fridays for future“-Teenies bestätigen die Regel – und geben Hoffnung.
Berufs- und Arbeitsplatzwahl: eine sehr grundsätzliche Weichenstellung für das Nachhaltigkeits-Selbstverständnis. Schon immer waren dabei neben dem Verdienst soziale Ziele für viele sehr wichtig. Ökologische Ziele sind im Kommen: Hightec for future!
Bei der Familiengründung und Kindererziehung polen die Kleinen einen um: Generationengerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit werden unvermittelt zur „natürlichen“ Leitlinie. Durchaus auch bei jenen, die ihr gutes Einkommen bisher in einen (über-)großen ökologischen Fußabdruck investierten.
Die Entscheidung, als (wohlhabender) Großstädter ein Auto durch Bus und Bahn bzw. das Fahrrad zu ersetzen und kein Einfamilienhaus zu bauen, bringt entscheidende Pluspunkte auf dem Nachhaltigkeitskonto des Lebens. Ähnlich die Urlaube: Bergwandern in den Alpen statt all inclusive in der Dominikanischen Republik – die CO2-Emissionsmengen unterscheiden sich drastisch.
Sind die Kinder aus dem Haus, orientiert man sich neu – passen die eigenen Interessen zu einem global verantwortbaren Leben? Plant man, später zugunsten der Familie eines Kindes in eine „angemessen“ kleinere Wohnung zu ziehen („smart homes for best agers“)?
Als Ruheständler*in habe ich mich meistens endgültig eingerichtet: Das häusliche Umfeld, auch die Kleidung brauchen keine up-dates mehr. Meine Bedürfnisse werden immaterieller, ich entdecke Natur und Gemeinschaft. Aber das Reisen! Die Tourismuswerbung für Kreuzfahrt-Komfort ist äußerst erfolgreich. Nachhaltige Alternativen für Ältere muss man suchen. Viele denken sich aber auch, dass sie ohnehin nicht mehr die ganze Welt sehen können und dass Natur und Klima in Mitteleuropa einfach gesünder sind als in Ägypten.
In jeder Lebenslage stellt man kleine und große Weichen für oder gegen ein verantwortliches, zukunftsfähiges Verhalten. Sich dessen bewusst zu sein, ist der erste Schritt.
Bild von Lorraine Cormier auf Pixabay