Juni: Grill-Saison. Aufhänger für eine kleine „Fleischbeschau“ – und einen Exkurs zu Küken und Ferkeln.
Nach den Corona-Lockerungen kommt wieder die Frage des Grillmeisters: „Ich habe noch 3 Steaks, 4 Würste und 2 Koteletts, wer will?“ Und keiner will oder kann mehr. Grillen in größerer Runde ist Braten auf Vorrat und Verdacht — und am Ende oft Lebensmittelverschwendung. Ausgerechnet beim Fleisch, dem Sorgenkind einer nachhaltigen Landwirtschaft:
Stichwort: Gesundheit
Das Deutsche Krebsforschungszentrum empfiehlt, nicht mehr als 300–600 Gramm Fleisch pro Woche zu essen, besser weißes (Huhn, Pute) als rotes (Schwein, Rind), lieber unverarbeitetes als Wurst und Schinken. Tatsächlich isst Deutschland pro Kopf im Durchschnitt knapp 1,2 kg Fleisch pro Woche – Männer etwa doppelt so viel wie Frauen! — und erhöht damit das Darmkrebs- und Infarkt-Risiko. Antibiotika in der Massentierhaltung begünstigen zudem Resistenzen auch zum Nachteil der Humanmedizin. Die Corona-Krise offenbarte soziale Missstände und Infektionsherde in den Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben.
Paradox: Zwar geht der Fleischverzehr hierzulande langsam etwas zurück. Aber die Produktion stieg in den letzten Jahren umso mehr – nun für den Export, z.B. nach China. Und dennoch gaben die meisten Tierhaltungen auf: in den letzten 20 Jahren ca. 90% der bäuerlichen Hühner- und Schweinemastbetriebe! Verdrängt von Megaställen der Fleischindustrie.
Stichwort: Umwelt
In den Großställen fressen die Tiere vor allem Kraftfutter, viel Soja aus Südamerika. Dafür werdeb dort Tropenwälder und Savannen gerodet, Minderheiten drangsaliert und Arbeiter*innen durch Pestizideinsatz gefährdet. Die Schweine in deutschen Megaställen (bis über 30.000 Tiere in einer Anlage) produzieren mehr Gülle, als die eigenen Felder und das Grundwasser vertragen (Nitratbelastung). Die wiederkäuenden Milch- und Mast-Rinder stoßen große Mengen Methan aus — ein Klimagas, 25mal schädlicher als CO2.
Stichwort: Tierwohl
Tiere in Megaställen leiden. Artgerechtes Verhalten wird ihnen unmöglich gemacht. Viele verletzen sich, sind unter Stress. Lange Transporte ängstigen sie.
Meine Meinung: Massentierhaltung respektiert Tiere nicht als Mit-Lebewesen, sondern nur als Produktionsfaktoren: 2019 wurden 45 Millionen männliche Küken von Lege-Zucht-hennen industriell getötet. Das ist ungeheuerlich. Die Geschlechtsbestimmung im Ei und dann Entsorgung der männlichen Küken ist für mich keine Lösung. Nur die Zweinutzungsrassen — Eier und Fleisch — oder die (längere) Aufzucht der männlichen Küken – gegen höhere Eier-Preise („Bruderhahn“-Projekte) sind akzeptabel.
8 Millionen Ferkel – von 53 Millionen — sterben jedes Jahr, weil Sauen auf immer größere Würfe gezüchtet werden. Heute sind es 30 Ferkel pro Sau und Jahr. So viele kann aber keine Muttersau versorgen. Ergebnis: 15 % „Verlustrate“. Das ist zynisch.
Alternativen?
Ich esse Fleisch lieber selten und wenig, dafür aber gutes – zugegeben ziemlich teures – vom Biohof Wulksfelde. (Nur ca. 10% des Einkommens geben wir in Deutschland für Lebensmittel aus. Das ist zu wenig Wertschätzung, finde ich, gerade für Fleisch, Milch und Eier.)
Wer auf einem Biohof Sauen, Ferkel, Rinder oder Hühner beobachtet — drinnen wie draußen -, der lächelt und freut sich. Die Bilder aus Megaställen machen traurig und wütend. Genauso wie eine Agrarpolitik, die das zulässt.
Übrigens: Grillen kann man auch Gemüse und Biofleisch, aber möglichst nicht mehr als gewünscht.
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