Hamburger Politiker*innen sind geneigt.
Am 20. November 2023 hatten Mehr Demokratie und Zukunftsrat Hamburg vier Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerschaftsfraktionen (die FDP war verhindert) zu einer öffentlichen Diskussion um die Frage „Warum gibt es in Hamburg bisher keine Bürgerräte“ in die Räume der GLS Bank geladen.
Eingangsstatements und Diskussion machten schnell deutlich, dass es in der Bürgerschaft noch keine echte Befassung mit dem Thema Bürgerräte gab und auch kaum tiefergehende Kenntnisse zu den einschlägigen Grundgedanken und Verfahrensfragen. Einig war man sich jedoch darüber, dass zunehmend Politikverdrossenheit herrscht, weil große Teile der Bevölkerung um die Zukunft besorgt sind und in „der Politik“ keine Perspektiven erkennen können. Es wurde konzediert, dass „das System“ Schwächen hat und Demokratie weiterentwickelt werden muss. Es wurden in Hamburg auch Beispiele genannt, etwa im Bezirk Eimsbüttel, wo Bürgerbeteiligung erfolgreich verlief, wenn nur die Verantwortlichen in der Verwaltung offen sind. Der entscheidende Schritt steht jedoch aus, die dialogorientierte Bürgerbeteiligung gesetzlich funktional zu etablieren unabhängig vom Kooperationswillen einzelner.
Etwa dreißig Menschen im Publikum beteiligten sich mit kritischen Fragen und Kommentaren zur Praxis und dem politischen Willen zu mehr Bürgerbeteiligung. Dem konkreten Format Bürgerräten stand nur „Die Linke“ uneingeschränkt positiv gegenüber. Eher skeptisch äußerte sich die Vertreterin der Grünen über die mögliche Qualität der Bürgerratsempfehlungen. Man konnte nicht umhin, die Hamburg-typische paternalistische Politikeinstellung durchklingen zu hören. Vor allem hielten die Panellisten jedoch fest, dass die fehlende Gesetzesgrundlage überhaupt keine losbasierte Rekrutierung von Bürgern unter Rückgriff auf Daten der Melderegister zulasse. In der Diskussion wurde rasch deutlich und auch später einvernehmlich festgehalten, dass die erforderliche Schließung genau dieser Gesetzeslücke als nächstes auf den Weg gebracht werden müsse. Zukunftsrat und Mehr Demokratie werden daran in nächster Zeit arbeiten und weiterhin mit den Fraktionen im Gespräch bleiben.
Es gelang, eine offene Atmosphäre zu erzeugen, die anerkennend und kritisch Auseinandersetzung erlaubte. Sowohl beim Publikum wie auch bei den Parlamentariern konnten sich Gesichtsfelder und Verständnis erweitern, sodass Fortschritte hinsichtlich Bürgerräten in der nächsten Zeit möglich erscheinen. Hoffen wir´s!
Jochen Dahm-Daphi, Arbeitsgruppe „Bürgerräte“