Zumindest solange die Bekämpfung organisierter Kriminalität nicht erheblich verstärkt wird. Das ist das ernüchternde Ergebnis, das die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland e.V. in ihrem Positionspapier „Umweltkriminalität — Nährboden für Korruption, Betrug und Geldwäsche“ mit Bezug zu weiteren einschlägigen Studien vorlegt.
Umweltkriminalität ist ein straff organisiertes und lukratives Geschäft, das stetig wächst und weitgehend ohne Probleme Grenzen überschreitet. Ein Delikt kommt selten allein: Korruption betreibt man nicht um der Korruption willen, sondern um andere Delikte straffrei begehen zu können: z.B. Umweltverschmutzung, Menschen- und Drogenhandel, Handel mit illegalen Waren und Geldwäsche. Polizei und Justiz sind häufig nicht ausreichend ausgestattet, um den Verbrechern mit den Mitteln der Strafverfolgung angemessen nachzukommen und obendrein gelingt es den Kriminellen häufig auch ihre Beute zu behalten. Laut WWF (2020) zählen zu den lukrativsten Umweltverbrechen
- der illegale Holzeinschlag (51−152 Milliarden US-Dollar)
- die illegale Fischerei (11−23 Milliarden US-Dollar)
- die Wilderei und der illegale Artenhandel (7−23 Milliarden US-Dollar)
- der illegale Handel mit Müll (10−12 Milliarden US-Dollar)
- der illegale Bergbau und Handel mit Edelmetallen (12−48 Milliarden US-Dollar)
- der illegale Ölabbau und ‑handel (19−23 Milliarden US-Dollar)
Weltweit wurden im vergangenen Jahr nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Global Witness 177 Umweltschützer getötet. Abgesehen von Drogenkriminalität, die Hamburg seit Neuestem gemeinsam mit europäischen und mittelamerikanischen Staaten bekämpfen will, sind nach dem Organized Crime Index (OCI 2023) auch der illegale Holzhandel eine zunehmende Rolle, da organisierte Verbrecherbanden in den Herkunftsländern mit korrupten Beamten und Händlern zusammenarbeiten. Krimineller Handel mit geschützten und seltenen Pflanzen und daraus hergestellten Nahrungsergänzungsmitteln aus Südostasien und Lateinamerika ist in Deutschland im Vormarsch. Deutschland ist ein Transit- und Zielland für den Handel mit wild lebenden Tieren und ein wichtiger Umschlagplatz illegal gehandelter Waren wie Elfenbein, Schuppentiere und lebende Tiere. Deutschland ist auch für den illegalen Handel mit Amphibien, Säugetieren und Fischprodukten bekannt, denn große Flughäfen und Häfen werden für den Schmuggel genutzt.
Deutschland spielt auch eine Rolle bei der Kriminalität mit nicht-erneuerbaren Ressourcen, insbesondere bei Verbrechen im Zusammenhang mit Goldschmuggel sowie Steuerbetrug mit Dieselkraftstoff. Deutsche Unternehmen sind an Bergbauverbrechen im Ausland beteiligt.
Aus all dem leitet Transparency acht konkrete Forderungen ab, die zur Umsetzung der Europäischen Richtlinie (EU) 2024/1203 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt aus April 2024 beitragen sollen.
- Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Umweltkriminalität in den Bundesländern einrichten mit gezielter Spezialisierung
- Koordinierungs- und Vernetzungsstellen einrichten für verstärkte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachbehörden, Polizei und Staatsanwaltschaften auf nationaler und internationaler Ebene
- Ressourcen von Vollzugsbehörden aufstocken: Zoll, Polizei und Justiz mit ausreichenden personellen, technischen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen und Schulungsangeboten ausstatten
- Ermittlungsinstrumente prüfen, so dass bei schweren Fällen von Umweltkriminalität, wenn nötig, Maßnahmen angewendet werden können, die bisher bei schweren Fällen von organisierter Kriminalität zum Einsatz kommen
- Vermögenseinziehung stärken, damit zugleich zugleich die finanziellen Vorteile resultierend aus Korruption und Geldwäsche abgeschöpft werden
- Konsequenten Schutz für hinweisgebende Personen gewährleisten, die Umweltstraftaten melden oder die Ermittlungen unterstützen
- Transparenz bei Umweltstraftaten verbessern: ein spezielles Bundeslagebild für Umweltkriminalität zur besseren Erfassung und Darstellung von Umweltkriminalität einführen. Dazu reicht die polizeiliche Kriminalstatistik nicht aus.
- Unternehmensstrafrecht bzw. Verbandssanktionengesetz zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit juristischer Personen einführen sowie das Legalitätsprinzips (Pflicht zur Verfolgung) und ein wirksames Sanktionsregime für Umweltkriminalität etablieren
Diese Forderungen betreffen nicht nur die Bundesebene, sondern auch die Bundesländer. So sollen z.B. Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Umweltkriminalität sowie Koordinierungs- und Vernetzungsstellen für effiziente Zusammenarbeit mit anderen relevanten Behörden eingerichtet werden.
September 2024
Helena Peltonen-Gassmann