Von Helena Peltonen-Gassmann.
Schon Hamburgs ersten Nachhaltigkeitsbericht studiert? Abgesehen davon, dass er viel Stoff enthält und in einem überraschenden Format eines „Voluntary Local Review“ erschien, steckt da noch etwas drin, was viele noch nicht kennen: Im Kapitel zu SDG 16 „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“ in der Rubrik „Bürger:innenbeteiligung und Transparenz“ (S. 218) taucht der Begriff „Open Government Partnership (OGP)“ auf. Er wird dort auch knapp beschrieben, aber es steckt mehr Musik drin, als aus den wenigen Zeilen hervorgeht. Deshalb soll die Idee hier noch etwas näher vorgestellt werden.
Die aus über 70 Staaten und über 100 Kommunen bestehende Bewegung gibt es seit 2011. Der Name verrät schon die Zielsetzung der Bewegung: offenes Regierungshandeln. Um der OGP beitreten zu können, müssen sich die Regierungen zur Einhaltung der Grundsätze einer offenen und transparenten Verwaltung verpflichten, indem sie die Open Government Declaration anerkennen.
Mit der Unterzeichnung dieser Erklärung verpflichten sich die OGP-Mitglieder
Die Mitglieder müssen Zulassungskriterien erfüllen und einen OGP-Werte-Check bestehen und einen Aktionsplan präsentieren, dessen Umsetzung auch unabhängig evaluiert wird. Deutschland ist seit 2016 Mitglied und Hamburg ist 2022 subnationales OGP Local-Mitglied geworden.
Bevor der erste Aktionsplan eingereicht wird, muss das OGP-Mitglied die zuständigen Regierungsstellen benennen und mit der Zivilgesellschaft einen offenen Beteiligungsprozess verabreden. Ein Aktionsplan ist also nicht etwa ein Produkt der Regierung, sondern das Ergebnis eines ko-kreativen Prozesses, in dem Regierung und Zivilgesellschaft gemeinsam Verpflichtungen entwickeln, die zu zum offenen Regierungshandeln beitragen. Erfolgreiche OGP-Aktionspläne konzentrieren sich auf Prioritäten der offenen Verwaltung im Inland und tragen zu ehrgeizigen Reformen bei. Sie enthalten relevante und überprüfbare Verpflichtungen für Transparenz, Rechenschaftspflicht und Beteiligung der Öffentlichkeit. Sie leisten so konkrete Beiträge zur Reform der Verwaltungskultur. Die Umsetzung von Aktionsplänen sollte in kontinuierlicher Kooperation mit der Zivilgesellschaft und unter Einbeziehung relevanter Gruppen von Bürger:innen stattfinden. Die Formate dafür können vielseitig sein.
Hamburg weiß den Wert des Transparenzgesetzes zu schätzen, das vor elf Jahren durch eine von der Zivilgesellschaft initiierte Volksinitiative und anschließend einstimmige Verabschiedung durch die Bürgerschaft entstand. Es war eine wichtige Voraussetzung und ein wertvolles Sprungbrett dafür, dass die Stadt heute bei der Offenlegung seiner Datenschätze (Open Data) Vorreiter unter den Bundesländern ist und auch bei der Verwaltungsdigitalisierung — gemessen an dem Onlinezugangsgesetz (OZG) — wiederholt den ersten Platz einnimmt. Dass da noch große Aufgaben bevorstehen, ist unbenommen.
Open Government Partnership öffnet einen vielversprechenden Ansatz zur Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen den Behörden einerseits und der Zivilgesellschaft und den Bürger:innen der Stadt andererseits. Dies wird auch immer dringlicher aus mindestens drei Gründen:
Erstens, die Dringlichkeit der multiplen Herausforderungen zwingt die Stadt dazu, schnellere Lösungen zu liefern. Die Ko-Kreation mit der Stadtgesellschaft trägt dazu dadurch bei, dass von Anfang an mehrere Blickwinkel berücksichtigt werden und auch ungewöhnliche, Kreative Ideen einfließen können.
Zweitens, der Mangel an Fachkräften und Arbeitskräften im Allgemeinen stellt enge Grenzen an die Größe der Projektteams der Verwaltung. Bürger:innen sind an Mitwirkung interessiert und Hamburg verfügt über eine große Zahl von gut gebildeten Menschen, deren Wissen und Erfahrung sonst schlicht vergeudet wird. Das sollte sich die Stadt nicht länger leisten. Multistakeholder-Foren erlauben außerdem vielfältige Zusammensetzungen von Teams, die bei klassischen Personalrekrutierungsverfahren nie entstehen würden.
Drittens, wir müssen uns um unsere Demokratie kümmern. Ganz konkret. Dazu ist eine wirkungsvolle Zivilgesellschaft unverzichtbar. Es fällt nicht leicht, sich ein tieferes Demokratieerlebnis vorzustellen als das konkrete Mitwirken an Planung und Umsetzung von Vorhaben der eigenen Stadt.
Hamburg hat sich mit einem ersten OGP-Pionierprojekt der Senatskanzlei auf den Weg des offenen Verwaltungshandelns begeben. Das Projekt will durch datengestützte Technologien Mobilitätsangebote v.a. für benachteiligte Bevölkerungsgruppen zugänglicher machen. Hoffentlich fassen viele der Hamburger Behörden dies als Einladung zur Nachahmung auf und machen von dem OGP-Beteiligungsansatz Gebrauch. Dazu ist es nicht einmal erforderlich, dass man einen offiziellen OGP-Aktionsplan aufstellt, sondern schlicht diese OGP-Prinzipien verfolgt.
OGP ist eine Kulturbewegung. Um die Mitgliedschaft in der OGP-Bewegung wach zu halten und von den Vorteilen des Netzwerkes zu profitieren, können wir nur hoffen, diesem Pionierprojekt weitere Projekte folgen, die die OGP-Fahne hochhalten und so Hamburg und die Demokratie voranbringen.