• Über uns
    • Auf­ga­ben & Leitziele
    • Unse­re Mitglieder
      • Mit­glied werden
    • Der Koor­di­nie­rungs­kreis
    • Die Geschäfts­stel­le
      • Sat­zung des Ver­eins “Stif­tung Zukunfts­rat Hamburg”
      • Geschäfts­ord­nung
    • Trans­pa­renz­in­for­ma­ti­on
    • His­to­rie
  • The­men
    • 25 Jah­re ZR – Eine digi­ta­le Festschrift
    • Das Ham­bur­ger Zukunftsmanifest
    • Enquete-Kom­mis­si­on “Nach­hal­ti­ge Zukunftsentwürfe”
  • Ter­mi­ne
    • Ver­an­stal­tung vorschlagen
  • Aktu­el­les
    • Pres­se­mit­tei­lun­gen
    • Der Zukunfts­rat Newsletter
      • News­let­ter Archiv
      • News­let­ter bestellen
    • Link Emp­feh­lun­gen
  • Publi­ka­tio­nen
    • Der HEINZ – Ham­bur­ger Ent­wick­lungs- INdi­ka­to­ren Zukunftsfähigkeit
  • Blog
  • Kon­takt
    • Mit­glied werden
    • News­let­ter bestellen

Gast­bei­trag: Neun The­sen zum Zusam­men­hang von Kli­ma­schutz und Demokratie

Posted on 29. Februar 2024

Nicht nur das Kli­ma erhitzt sich, son­dern auch die gesell­schaft­li­che Stim­mung. Rechts­extre­me het­zen gegen Men­schen, aber auch gegen Kli­ma­schutz – und erfah­ren gleich­zei­tig wach­sen­de Zustim­mung. Damit ste­hen nicht nur Öko­sys­te­me unter aku­tem Druck, son­dern auch die Demo­kra­tie. Um Lösun­gen zu fin­den, müs­sen bei­de zusam­men­ge­dacht werden.

Stef­fen Kren­zer, Mehr Demo­kra­tie e.V.

Kon­se­quen­ter Kli­ma­schutz kann nur gelin­gen, wenn die meis­ten mit­ma­chen. Umfra­gen deu­ten an, dass Kli­ma­schutz an sich wei­ter­hin von einer brei­ten Mehr­heit befür­wor­tet wird. Sobald es kon­kret wird, tre­ten aber oft Wider­stän­de auf. Dies gilt bei Ent­schei­dun­gen auf Bun­des­ebe­ne, wie beim „Hei­zungs­ge­setz“, eben­so wie bei kom­mu­na­len Vor­ha­ben wie Wind­parks. Ange­sichts der ver­zwei­fel­ten War­nun­gen der Wis­sen­schaft vor dem Kol­laps der Öko­sys­te­me und unse­rer auf sie ange­wie­se­nen Zivi­li­sa­ti­on soll­te kon­se­quen­ter Kli­ma­schutz eigent­lich selbst­ver­ständ­lich sein – zumal er seit dem Ver­fas­sungs­ge­richts­ur­teil vom April 2021 grund­ge­setz­lich gebo­ten ist.

Statt­des­sen ver­lie­ren mit Kli­ma­schutz asso­zi­ier­te Par­tei­en und auch die Kli­ma­be­we­gung an Zustim­mung, Men­schen gehen gegen kli­ma­po­li­ti­sche Maß­nah­men auf die Stra­ße (z. B. gegen die höhe­re Besteue­rung von Agrar­die­sel), bestehen­de Beschlüs­se wer­den auf­ge­weicht (z. B. ver­bind­li­che Sek­tor­zie­le) und auch loka­le Maß­nah­men teil­wei­se rück­gän­gig gemacht (z. B. das neue Gie­ße­ner Ver­kehrs­kon­zept). Gleich­zei­tig dro­hen in die­sem Jahr Rechts­extre­me in Län­dern und Kom­mu­nen an die Macht zu kom­men, die neben men­schen­ver­ach­ten­den Posi­tio­nen und Plä­nen (Stich­wort: „Remi­gra­ti­on“) auch Skep­sis gegen­über dem men­schen­ge­mach­ten Kli­ma­wan­del ver­tre­ten und Kli­ma­schutz ablehnen.

Wel­che Erkennt­nis­se und Stra­te­gien las­sen sich aus den Ent­wick­lun­gen der ver­gan­ge­nen Jah­re und den aktu­el­len Ereig­nis­sen ablei­ten? Die eine Ant­wort hier­auf gibt es nicht; im Fol­gen­den möch­te ich eini­ge Über­le­gun­gen skiz­zie­ren, die sich aus mei­ner Per­spek­ti­ve als Demo­kra­tie­ak­ti­vist und Umwelt­psy­cho­lo­ge ergeben.

1. Ruhe bewahren

Die Zeit drängt, aber in einer auf­ge­heiz­ten gesell­schaft­li­chen Stim­mung ist die sich auf­hei­zen­de Erd­at­mo­sphä­re für vie­le Men­schen nicht (mehr) die größ­te Sor­ge. Coro­na, Krie­ge, Infla­ti­on – die Gesell­schaft steht unter Druck, Kon­tro­ver­sen wer­den zusätz­lich ange­feu­ert von Akteu­ren, die sich dadurch Vor­tei­le erhof­fen. Stress – auch sozia­ler Stress – kann unse­re Fähig­keit und Bereit­schaft zu koope­rie­ren läh­men. Ver­trau­en, Zusam­men­halt und kon­struk­ti­ve Zusam­men­ar­beit wei­chen der­zeit zu oft Lager­den­ken und Kurzsichtigkeit.

Die Situa­ti­on ist besorg­nis­er­re­gend, aber Angst ist ein schlech­ter Rat­ge­ber. Hier gilt es eine kla­re, sta­bi­le und zuver­sicht­li­che Hal­tung ein­zu­neh­men – zum einen bil­det das einen anschluss­fä­hi­gen Gegen­pol zur gesell­schaft­li­chen Unru­he. Zum ande­ren ist es wich­tig für die eige­ne Moti­va­ti­on und Hoff­nung: Wir müs­sen auf­pas­sen, dass Unter­gangs­er­zäh­lun­gen kei­ne selbst­er­fül­len­den Pro­phe­zei­un­gen werden.

2. Eine neue Erzählung

Druck erzeugt Gegen­druck. Das gilt für eine Poli­tik, die Betei­li­gung nicht ernst nimmt und öko­no­mi­schen und emo­tio­na­len Bedürf­nis­sen in der Bevöl­ke­rung nicht aus­rei­chend Gehör bie­tet. Es gilt auch für unan­ge­mes­se­ne Anfor­de­run­gen: Lan­ge folg­te Kli­ma­po­li­tik einer indi­vi­dua­li­sie­ren­den Logik. Ver­ant­wort­lich für die Ret­tung der Welt soll­ten ein­zel­ne Ver­brau­cher sein, die ver­meint­lich die freie Wahl hät­ten, umwelt­freund­li­che Pro­duk­te zu kaufen.

Weil unter den aktu­el­len Rah­men­be­din­gun­gen wirk­lich nach­hal­ti­ge Pro­duk­te jedoch sel­ten exis­tie­ren und meis­tens teu­rer sind, führt die indi­vi­dua­li­sier­te Ver­ant­wor­tung bei vie­len Men­schen zu Über­for­de­rung, Ohn­macht, Scham und Schuld­ge­füh­len oder Reak­tanz – einem inne­ren Wider­stand. Ärger und Frust stau­en sich auf. Kol­lek­ti­ve Her­aus­for­de­run­gen kön­nen nur koope­ra­tiv bewäl­tigt werden.

Statt Kli­ma­schutz als indi­vi­du­el­le Pflicht zum Ver­zicht dar­zu­stel­len, braucht es daher eine posi­ti­ve Visi­on, eine Wir-Erzäh­­lung: Kli­ma­schutz erhält und schafft Frei­heit und stif­tet Gemein­schaft, wir stel­len uns dem Pro­blem gemein­sam. Gesell­schaft­li­che Meta-Erzäh­­lun­­gen ändern sich zwar nicht über Nacht, aber jede Bot­schaft erzählt eine klei­ne Geschich­te. Mehr Respekt für die Men­schen, die uns ernäh­ren, und eine nach­hal­ti­ge­re Land­wirt­schaft gehen bei­spiels­wei­se Hand in Hand. Es braucht Soli­da­ri­tät, etwa zwi­schen Gewerk­schaf­ten und Kli­ma­be­weg­ten, und mehr unge­wöhn­li­che Bündnisse.

3. Per­spek­tiv­über­nah­me statt Lagerbildung

Schon im Sin­ne der eige­nen psy­chi­schen Gesund­heit muss man sich nicht alles gefal­len las­sen, nicht mit allen reden. Trotz­dem tra­gen zu oft auch pro­gres­si­ve Kräf­te zu Aus­gren­zung und Lager­bil­dung bei. Milieu­stu­di­en zei­gen zum Bei­spiel, dass Men­schen, die „grün“ wäh­len, beson­ders weni­ge Kon­tak­te außer­halb ihres Milieus haben. Sich gegen­über bestimm­ten Posi­tio­nen abzu­gren­zen ist zwar gut und rich­tig. Über Gren­zen hin­weg soll­te aber wei­ter­hin Aus­tausch mög­lich sein, sonst zemen­tie­ren sich die Lager.

Das ist ein Balan­ce­akt, gera­de wenn das Gegen­über nicht „nur“ ande­re Mei­nun­gen zur Kli­ma­po­li­tik hat, son­dern auch men­schen­feind­li­che Posi­tio­nen oder Ver­schwö­rungs­fan­ta­sien ver­tritt. Es ist aber wich­tig, dass alle demo­kra­ti­schen Kräf­te jetzt den Schul­ter­schluss suchen, in der Zivil­ge­sell­schaft eben­so wie in der Poli­tik (wozu ein auf Kon­kur­renz von Par­tei­en aus­ge­leg­tes Sys­tem nicht unbe­dingt bei­trägt, wes­halb es Refor­men der Demo­kra­tie braucht, s. u.).

Wich­tig fin­de ich dabei zu reflek­tie­ren, dass auch die eige­ne Wahr­neh­mung gesell­schaft­li­cher Rea­li­tät oft ver­zerrt und von (gesell­schaft­li­chen und per­sön­li­chen) Stim­mun­gen geprägt ist: Die lau­ten Stim­men spre­chen nicht unbe­dingt für die Mehr­heit und das für die einen Selbst­ver­ständ­li­che ist ande­ren oft neu und fremd.

4. Den Kul­tur­kampf verstehen

Anti-demo­­kra­­ti­­sche Posi­tio­nen und sol­che gegen Kli­ma­schutz gehö­ren nicht not­wen­di­ger­wei­se zusam­men. Ein öko­fa­schis­ti­sches Sys­tem, das völ­ki­sches Den­ken, Auto­ri­ta­ris­mus und Umwelt­schutz ver­mengt, ist vor­stell­bar und wird von man­chen ange­strebt. Der Ver­such von Rech­ten und Rechts­ra­di­ka­len das The­ma Umwelt­schutz zu beset­zen, wird mit fort­schrei­ten­dem Öko­sys­tem­kol­laps stär­ker wer­den. Bis­her lässt sich aber fest­hal­ten, dass vie­le rechts und kon­ser­va­tiv Gesinn­te Kli­ma­schutz ablehnen.

War­um ist das so? Der Spie­­gel-Jour­na­­list Jonas Schai­b­le hat bereits 2019 einen weit­sich­ti­gen Essay geschrie­ben („Wie­so es kei­nen Rechts­ruck gibt, aber die extre­me Rech­te trotz­dem wächst“), der dar­auf hin­weist, dass eine neue Kon­flikt­li­nie die Gesell­schaft teilt, in die­je­ni­gen, die die „Zumu­tung“ eines gesell­schaft­li­chen Wan­dels anneh­men und den­je­ni­gen, die zurück­wol­len zu ver­meint­li­cher „Nor­ma­li­tät“. Fra­gen zum Gen­dern, zur Kli­­ma- und Migra­ti­ons­po­li­tik wer­den in „einem Auf­wasch“ behan­delt. Ohne hier eine abschlie­ßen­de Beur­tei­lung zu wagen, hal­te ich es für gewinn­brin­gend, die­se Inter­pre­ta­ti­on im Hin­ter­kopf zu behalten.

5. Respekt und Kommunikation

„Wenn es ums Kli­ma geht, sind Emo­tio­nen auch wich­tig. Wir dür­fen nicht nur auf Fak­ten schau­en.“ Die­ses Fazit zog die Teil­neh­me­rin einer Ver­an­stal­tung zu Stra­te­gien gegen Popu­lis­mus. Die Ein­sicht ist rich­tig – kommt lei­der aber spät. Zu lan­ge wur­de Kli­ma­schutz als tech­ni­sches The­ma behan­delt. Stel­len im Kli­ma­schutz­ma­nage­ment wur­den zum Bei­spiel oft an Inge­nieu­rin­nen und Inge­nieu­re gege­ben. Tech­no­lo­gie ist frag­los wich­tig und an man­chen Stel­len eine (Teil-) Lösung – wir haben aller­dings kein tech­ni­sches, son­dern ein gesell­schaft­li­ches Pro­blem mit dem Klimaschutz.

Kom­mu­ni­ka­tio­nist auf allen poli­ti­schen Ebe­nen kein schmü­cken­des Bei­werk, son­dern Vor­aus­set­zung für eine gelin­gen­de Trans­for­ma­ti­on. Dabei soll­ten auf­su­chen­de Ansät­ze ver­folgt wer­den – Infor­ma­tio­nen müs­sen zu den Men­schen gebracht und nicht „zur Abho­lung“ bereit­ge­stellt wer­den. Gleich­zei­tig muss Raum zum Zuhö­ren sein. Respekt und Wert­schät­zung soll­te die Grund­la­ge für jeden Aus­tausch sein – bei­spiels­wei­se auch für die Lebens­leis­tung von Koh­le­ar­bei­tern. Beim Struk­tur­wan­del geht es nicht (nur) um Geld, son­dern auch um Iden­ti­tät. Wir müs­sen Men­schen ermög­li­chen, erho­be­nen Haup­tes neue Wege einzuschlagen.

6. Destruk­ti­ver Kom­mu­ni­ka­ti­on Ein­halt gebieten

Geziel­te Falsch­mel­dun­gen, het­ze­ri­sche Bericht­erstat­tung und hass­erfüll­te Kom­mu­ni­ka­ti­on zer­set­zen die Demo­kra­tie und jeden kon­struk­ti­ven Dis­kurs. Dies betrifft längst nicht nur Kli­mathe­men, hier hat sys­te­ma­ti­sche Des­in­for­ma­ti­on aber eine jahr­zehn­te­lan­ge Tra­di­ti­on. Eine auf Skan­da­le und Spek­ta­kel getrimm­te Medi­en­lo­gik und die (unre­gle­men­tier­te) Funk­ti­ons­wei­se sozia­ler Netz­wer­ke ver­stär­ken die­ses Problem.

Hier­für müs­sen drin­gend Lösun­gen auf struk­tu­rel­ler Ebe­ne gefun­den wer­den. Unab­hän­gig davon gilt: Per­sön­li­che Gesprä­che sind der bes­te Weg das Ver­trau­en von Men­schen zu gewin­nen, um einer Aus­ein­an­der­set­zung mit Argu­men­ten und posi­ti­ven Bei­spie­len den Weg zu bah­nen. Für einen Aus­tausch zwi­schen Milieus müs­sen Begeg­nungs­räu­me geför­dert werden.

7. Sozia­le Gerech­tig­keit ins Zen­trum stellen

Ange­sichts der man­geln­den Berück­sich­ti­gung in der Pra­xis kann die eigent­lich tri­via­le Erkennt­nis nicht oft genug wie­der­holt wer­den: Die „Gro­ße Trans­for­ma­ti­on“ muss sozi­al gerecht sein, wenn sie nicht schei­tern soll. Beim „Hei­zungs­ge­setz“ den sozia­len Aus­gleich zu „ver­ges­sen“ oder das ver­spro­che­ne Kli­ma­geld in die nächs­te Legis­la­tur schie­ben sind Feh­ler mit gro­ßer Symbolwirkung.

Die wach­sen­de Kluft zwi­schen Super­reich und dem Rest der Gesell­schaft wächst und droht die Fun­da­men­te von Demo­kra­tie und Kli­ma­wen­de aus­zu­höh­len. Auch der letz­te Bericht des Club of Rome „Earth for All” betont, dass sozia­le Gerech­tig­keit Teil von und Vor­aus­set­zung für die Trans­for­ma­ti­on ist.

8. Betei­li­gung ermöglichen

Wir haben kei­ne Zeit nicht zu betei­li­gen. Alle, die jetzt über­gan­gen wer­den, machen den Pro­zess hin­ter­her lang­sa­mer, sei es aus Wider­stand oder Unwis­sen­heit. Betei­li­gung, sowohl in der Mit­spra­che als auch finan­zi­ell, schafft Zustim­mung und Enga­ge­ment – gera­de im Bereich Ener­gie­wen­de gibt es dafür gute Bei­spie­le und erfah­re­ne Akteure.

Aller­dings müs­sen die Rah­men­be­din­gun­gen auf Lan­­des- und Bun­des­ebe­ne ver­bes­sert wer­den, denn Betei­li­gung in der Brei­te braucht finan­zi­el­le und per­so­nel­le Res­sour­cen sowie recht­li­che Grund­la­gen. Baden-Wür­t­­te­m­­berg geht hier mit sei­nem Betei­li­gungs­ge­setz und der Stab­stel­le für Bür­ger­be­tei­li­gung voran.

9. Demo­kra­tie wei­ter denken

Die Uhr tickt. Um die gefähr­lichs­ten Fol­gen der Erd­er­hit­zung abzu­wen­den, muss Kli­ma­schutz schnel­ler und kon­se­quen­ter wer­den. Es sind dras­ti­sche Ver­än­de­run­gen not­wen­dig, aber Ver­bo­te, zumal mit Här­te durch­ge­setzt, schei­nen nicht zum Frei­heits­ver­spre­chen und der lang­sa­men Kom­pro­miss­fin­dung einer Demo­kra­tie zu pas­sen. Wie Jonas Schai­b­le im Buch „Demo­kra­tie im Feu­er“ (2023) dar­stellt, ist es nicht die Demo­kra­tie, die beim Kli­ma­schutz an ihre Gren­zen kommt – son­dern unse­re aktu­el­le Vor­stel­lung von Demo­kra­tie. Demo­kra­tie ist und war aber immer wan­del­bar. Ände­run­gen, die die Demo­kra­tie stär­ken und zugleich den Kli­ma­schutz vor­an­brin­gen wür­den, könn­ten sein:

  • Die Ein­füh­rung von Trans­pa­renz­ge­set­zen und die kon­se­quen­te Nut­zung von Mög­lich­kei­ten, Ver­wal­tungs­han­deln durch Digi­ta­li­sie­rung zu beschleu­ni­gen. Län­der wie Est­land sind hier vorbildlich.
  • Die Aus­wei­tung direkt­de­mo­kra­ti­scher Mit­be­stim­mungs­mög­lich­kei­ten. Unter­su­chun­gen zei­gen, dass Bür­ger­initia­ti­ven und ‑ent­schei­de viel bes­ser sind als ihr Ruf und eher zur Beschleu­ni­gung als zum Aus­brem­sen des Kli­ma­schut­zes beitragen.
  • Eine Ände­rung des Wahl­rechts: An der Wahl­ur­ne sind alle gleich – jede Per­son hat eine Stim­me, das ist das Ver­spre­chen der reprä­sen­ta­ti­ven Demo­kra­tie. Abge­se­hen davon, dass vie­le Men­schen, gera­de sol­che, die von der Kli­ma­kri­se beson­ders betrof­fen sind, nicht wäh­len dür­fen, schei­tern im aktu­el­len Wahl­recht Par­tei­en an der 5‑Pro­­zent-Hür­­de und Mil­lio­nen Stim­men wan­dern in den Papier­korb. Klei­ne Par­tei­en haben so oft kei­ne Chan­ce auf einen Ein­zug in die Par­la­men­te. Ideen wie die Ein­füh­rung einer Ersatz­stim­me bie­ten hier einen prak­ti­ka­blen Aus­weg, der zu mehr Reprä­sen­ta­ti­on und Viel­falt in der Poli­tik bei­tra­gen kann.
  • Digi­ta­le Platt­for­men (z. B. Con­sul oder Pol​.is) ermög­li­chen in ande­ren Län­dern (z. B. Tai­wan) schon heu­te demo­kra­ti­sche Zusam­men­ar­beit auf einem Level, die uns in Deutsch­land wie von einem ande­ren Pla­ne­ten vor­kommt. Gera­de kom­ple­xe Her­aus­for­de­run­gen wie Kli­ma­schutz erfor­dern aber ein Auf­bre­chen stren­ger Hier­ar­chien und linea­rer Abläu­fe. Simul­ta­nes, kokrea­ti­ves Arbei­ten mit neu­en Werk­zeu­gen kann z. B. Pla­nun­gen zur Wär­me­wen­de oder das Ver­fas­sen fun­dier­ter und abge­wo­ge­ner Geset­ze in kur­zer Zeit unterstützen.
  • Die deli­be­ra­ti­ve Demo­kra­tie (z. B. Bür­ger­rä­te mit gelos­ten Teil­neh­men­den) ermög­licht es, Ant­wor­ten zu kon­tro­ver­sen Fra­ge­stel­lun­gen durch Aus­tausch viel­fäl­ti­ger Men­schen mit unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven und Erfah­run­gen zu fin­den. Die so ent­ste­hen­den Ideen und Kom­pro­mis­se kön­nen im Kli­ma­schutz man­che Kno­ten auf­lö­sen – aller­dings nur, wenn die Emp­feh­lun­gen von der Poli­tik auf­ge­grif­fen werden.

Die skiz­zier­ten Vor­schlä­ge sind kei­ne abschlie­ßen­de Lis­te, zei­gen aber Chan­cen auf, wie eine resi­li­en­te und hand­lungs­fä­hi­ge Demo­kra­tie in Zei­ten der Kli­ma­kri­se gestärkt wer­den kann. Für alle lie­gen Kon­zep­te vor (s. www​.mehr​-demo​kra​tie​.de), die mit poli­ti­schem Wil­len rela­tiv ein­fach umzu­set­zen wären.

Fazit

Demons­tra­tio­nen für die Demo­kra­tie, wie sie aktu­ell statt­fin­den, sind eben­so gut und wich­tig wie der kon­ti­nu­ier­li­che Ein­satz für Kli­­ma- und Umwelt­schutz. Bei­de müs­sen aber stär­ker zusam­men­ge­dacht wer­den. Es müs­sen nicht „nur“ Abwehr­kämp­fe – gegen anti-demo­­kra­­ti­­sche Kräf­te oder die Erd­er­hit­zung – geführt und gewon­nen wer­den, um dann zur „Nor­ma­li­tät“ zurück­zu­keh­ren. Son­dern die Her­aus­for­de­run­gen erfor­dern (sozia­le) Inno­va­tio­nen und tief­grei­fen­den Wandel.

Kli­ma­schutz kann nur gelin­gen, wenn demo­kra­ti­sche Betei­li­gung und demo­kra­ti­scher Dia­log neu gedacht – und gelebt wer­den – sonst schei­tert er an Wider­stän­den und Pas­si­vi­tät. Gleich­zei­tig kann die Demo­kra­tie nur wei­ter­be­stehen, wenn sie das Öko­sys­tem schützt, in dem sie ent­stan­den ist. Für die­se Her­aus­for­de­rung müs­sen wir sie neu auf­stel­len. Demo­kra­ti­sie­rung und die „Gro­ße Trans­for­ma­ti­on“ hin zu einer nach­hal­ti­gen Gesell­schaft gehö­ren zusammen.

Stef­fen Kren­zer ist Umwelt­psy­cho­lo­ge, lei­tet beim Ver­ein Mehr Demo­kra­tie den Bereich „Demo­kra­tie & Kli­ma“ und arbei­tet als selbst­stän­di­ger Trans­for­ma­ti­ons­be­ra­ter und Prozessbegleiter.

Der Blog­bei­trag ist zum ers­ten Mal am 31. Janu­ar 2024 auf dem Por­tal ener­gie­zu­kunft erschie­nen: https://​www​.ener​gie​zu​kunft​.eu/​m​e​i​n​u​n​g​/​d​i​e​—​m​e​i​n​u​n​g​/​n​e​u​n​—​t​h​e​s​e​n​—​z​u​m​—​z​u​s​a​m​m​e​n​h​a​n​g​—​v​o​n​—​k​l​i​m​a​s​c​h​u​t​z​—​u​n​d​—​d​e​m​o​k​r​a​t​ie/

Foto von Nico Roi­cke auf Uns­plash

Vorheriger Beitrag
Bene­fiz­kon­zert zum Auf­takt des Inter­na­tio­na­len Frauentages
Nächster Beitrag
Abhän­gig von Tik­Tok & Co 

© (Copy­right) 2010 — 2024 Zukunfts­rat Hamburg

  • Daten­schutz­er­klä­rung
  • Impres­sum
  • Kon­takt
  • Pri­vat­sphä­re-Ein­stel­lun­gen ändern
  • His­to­rie der Privatsphäre-Einstellungen
  • Ein­wil­li­gun­gen widerrufen