Seit knapp neun Monaten ist das Gesetz zum Schutz von hinweisgebenden Personen („Whistleblowern“) in Deutschland in Kraft. Lange hat sich die Politik auch unter dem Druck der Wirtschaft davor gescheut. Viele Länder hatten solche Gesetze bereits eingeführt, es bedurfte aber einer EU-Richtlinie, damit auch in Deutschland Personen, die auf rechtwidriges Verhalten an ihren Arbeitsplätzen hinweisen, vor Repressalien geschützt werden.
Seit Anfang Juli 2023 müssen Unternehmen und Behörden mit mehr als 50 Beschäftigten Meldekanäle bereitstellen, über die Beschäftige Hinweise abgeben können, wenn sie am Arbeitsplatz unrechtmäßiges Verhalten beobachten. Solche Meldungen sollen auch anonym möglich sein. Die lauteste Kritik gegen ein solches Gesetz unterstellte, dass ein solches Gesetz Mitarbeiter:innen dazu verleiten würde, die Arbeitgebenden missbräuchlich zu denunzieren.
Nun liegen erste belastbare Erkenntnisse vor, wie das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) wirkt. Das wichtigste Ergebnis: Das Recht zum Abgeben von Hinweisen über gesetzwidriges Verhalten am Arbeitsplatz wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verantwortungsvoll benutzt. Nur ein solcher Fall hat der Hamburger Start-up eagle lsp, das bundesweit für mehr als 850 Organisationen einen externen Meldekanal unterhält, die ersten knapp 200 Meldungen analysiert und nur eine missbräuchliche Meldung erhalten.
Es hat sich auch gezeigt, dass die Hinweisgebenden am liebsten anonym bleiben, um kein Risiko von Repressalien einzugehen.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und ehemalige Hamburger Justizsenator Till Steffen hat dieses erste Ergebnis mit den Worten kommentiert: “Beschäftigte, die Missstände in ihrem Unternehmen aufdecken, wollen andere Menschen schützen. Dies bestätigt die hohe Anzahl von Meldungen, bei nur einer einzigen, die als versuchte Denunziation einzuordnen ist. Das Gesetz zum Hinweisgeberschutz ist wichtig und erfolgreich.”
Die Hinweise haben viele Unternehmen vor finanziellen Schäden und nachhaltigen Reputationsverlusten geschützt, erklärt der Gründer und Geschäftsführer Dr. Nikolaus Fröbus. Er weist auch darauf hin, dass der Meldekanal auch für Hinweise für konstruktive Verbesserung der Arbeitsbedingungen benutzt wird, was viele Organisationen interessiert, „etwa um zu erfahren, wie sie den Arbeitsbedingungen für ihre Beschäftigten attraktiv gestalten können. Die Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz ist in Zeiten des Fachkräfte¬mangels offenkundig sehr bedeutsam.”
Quelle: https://www.presseportal.de/pm/169779/5736953
Der Zukunftsrat begrüßt das Hinweisgeberschutzgesetz insbesondere, weil es sowohl privaten als auch öffentlichen Organisationen als Ansporn dient, sich an Gesetzen zu halten, die die sozial-ökologische Transformation unserer Gesellschaft und gute Regierungs- und Unternehmensführung fördern.
Übrigens: Seit mehreren Jahren betreibt das Dezernat für Interne Ermittlungen (DIE) der Hamburger Polizei ein Hinweisgebersystem für Korruption sowohl für Hinweise aus der öffentlichen Hand als aus der Wirtschaft und seit knapp zwei Jahren als Pilot auch ein besonderes Hinweisgebersystem für Sportmanipulation. In beiden Systemen sind Hinweise auch anonym möglich.
Helena Peltonen-Gassmann, Sprecherin
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