Senator Jens Kerstan
Sehr geehrte Frau Peltonen
sehr geehrter Herr Schier
sehr geehrte Damen und Herren,herzlich willkommen zum 25-jährigen Jubiläum des Zukunftsrats Hamburg. Ich freue mich sehr, dass Sie da sind. Vor allem bin ich froh, dass im März 1996 ein paar Organisationen und Initiativen nur wenige Schritte von hier entfernt – in der Handwerkskammer nämlich – zur Gründung des Zukunftsrats zusammenkamen. Die Idee war, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen auf unsere Stadt herunterzubrechen. Und dieses Ansinnen – das ist heute klar – war eine gute Entscheidung für Hamburg.
Heute vernetzt der Zukunftsrat über 100 Vereine, Verbände, Initiativen und Unternehmen. Sie öffnen einen Raum zum Diskutieren, sind Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Ideen und geben oft dem Senat wichtige Impulse. Vor allem stellen Sie das Zukunftsthema Nachhaltigkeit ganz nach vorne, formulieren ehrgeizige Ziele und nehmen dabei die Bürgerinnen und Bürger mit vielen Informationsangeboten und Veranstaltungsformaten mit.
Es geht aber nicht nur um die Debatte, sie gestalten die Dinge auch praktisch mit. Sie waren mit dabei, als wir den Kohleausstieg für Hamburg verabredet haben. Und heute begleiten Sie das Thema beim Beteiligungsprozess Tiefstack mit.
Hamburg hat in den vergangenen 25 Jahren viel dazugelernt bei der Bürgerbeteiligung. Es ist ein neuer Stil entstanden zwischen der Politik und der Zivilgesellschaft – und das ist auch Ihr Verdienst.
Seit inzwischen 25 Jahren bereichern Sie unsere Zivilgesellschaft und Hamburg hat dadurch viel gewonnen. Dafür möchte ich mich heute bei Ihnen bedanken.Der Zukunftsrat ist so konzeptioniert, dass viele unterschiedliche Personen, Intiativen und Vereine zusammen agieren. Eine inhaltliche und gesellschaftliche Breite, die gerade auch im Koordinierungskreis mit sehr vielen wichtigen Persönlichkeiten und Vertreterinnen und Vertreter wichtiger Initiativen und Unternehmen zum Ausdruck kommt. Das macht den Zukunftsrat aus , aber dennoch möchte ich zwei Personen herausstreichen, weil sie als Sprecherin und Sprecher den Zukunftsrat über Jahre geprägt haben: Dr. Delia Schindler und Dr. Hans-Joachim Menzel.
Jochen Menzel, nachdem Sie Anfang der 90er Bundesvorsitzender der Kinderrechtsorganisation terre
des hommes waren, war der Zukunftsrat ab 1997 ihr neues Kind. Seit 2003 gibt es den HEINZ = den „Hamburger EntwicklungsIndikatoren Zukunftsfähigkeit“. Damit haben Sie Pionierarbeit in Hamburg geleistet. 2014 hat die Grünen Fraktion eine Studie mit dem Wohlfahrtsindex für Hamburg in Auftrag gegeben. Mit Nachhaltigkeitsratings und der Umsetzung der SDGs kommen wir nun langsam auch in der Hamburger Verwaltung voran. Gerade bei der Beschaffung und bei Veranstaltungen haben wir schon Fortschritte gemacht. Es war oft sehr mühsam, der eine oder andere Bremsklotz ist weg und ohne ihr Engagement und ihre Hartnäckigkeit wären wir heute nicht da, wo wir sind.Nur am Rande, weil ich die nachhaltigen Veranstaltungen erwähnt habe: Der heutige Senatsempfang sollte übrigens so nachhaltig wie möglich ausgerichtet werden: BioCatering, Ökostrom im Rathaus, Festschrift nur digital und nicht gedruckt.
Da Senatsempfänge ein Aushängeschild der Stadt Hamburg sind, haben wir den heutigen Empfang als Anlass genommen genauer zu betrachten und auszuloten, wo noch Verbesserungspotentiale für die nachhaltige Ausrichtung liegen und starten hierzu einen Prozess mit dem Rathausservice.
Delia Schindler, ich weiß gar nicht mehr genau, wann wir uns kennengelernt haben. Wahrscheinlich noch als ich Fraktionsvorsitzender war und die Grünen Fraktion die Studie für einen Wohlfahrtsindex in Auftrag gegeben hatte. Aber wir hatten auf jeden Fall noch mehr Kontakt als ich mit Jochen Menzel hatte. Beruflich hat sie die Nachhaltigkeit bei großen Hamburger Unternehmen wie Budni und Tchibo gemanagt. Sie war im Vorstand der Hamburger Klimaschutzstiftung und im Nachhaltigkeitsforum, das in Hamburg die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele begleitet. Heute leitet sie die Stabstelle Klimaschutz im Bezirk Altona. Hohe Kompetenz, großes Engagement, die notwendige Hartnäckigkeit und manchmal auch Geduld – das sind genau die Qualität, die man dort braucht.
Ich danke Ihnen beiden ganz herzlich für Ihren großen Einsatz. Sie haben den Zukunftsrat maßgeblich geprägt und waren verlässliche Impulsgeber und Ansprechpartner für die Politik. — Vielen Dank!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eigentlich könnte ich an dieser Stelle Schluss machen und wir wären alle frohgemut einen Schritt näher am Buffet. Zur Wahrheit gehört in diesen Tagen aber leider auch, dass wir einen furchtbaren Angriffskrieg mitten in Europa haben und dass auch unser Land und unsere Stadt deshalb unter großem Druck stehen.Wir müssen jetzt viele große Herausforderungen im Eiltempo angehen:
- geflohenen Menschen gute Perspektiven bieten,
- unsere Sicherheitsarchitektur neu denken,
- aber auch unsere Energieversorgung neu aufstellen, damit wir uns von Russland lösen können und beim Thema Energie selbständiger werden.
Gleichzeitig ist die Wirtschaft im Krisenmodus – mit gestörten Lieferketten und dramatisch steigenden Energie- und Rohstoffpreisen, die auch erhebliche soziale Verwerfungen mit sich bringen.
Viele Bürgerinnen und Bürger haben Angst in Schwierigkeiten zu geraten – angesichts teurer Lebensmittel und hoher Heiz- und Stromkostennachzahlungen.
Wir haben Krisen allerorten und ab und an fragen wir uns vermutlich alle: Wir sollen wir das bloß schaffen?
Und zwar gerade auch im Bewusstsein, dass die existenzielle ökologische Krise durch die hinzugekommenen Herausforderungen kein Stück kleiner geworden ist. Wir dürfen die Klimakrise nicht aus dem Blick verlieren.Wichtig ist mir daher: Wir müssen den Druck aus Russlands Gas und Öl auszusteigen ganzheitlich angehen – wir müssen Klimapolitik als Geopolitik sehen. Das dürfte jetzt überall klar geworden sein. Die neue Weltlage kann also die notwendige Transformation beschleunigen.
Aber wir werden jetzt auch pragmatische Entscheidungen treffen müssen – und dabei sicher auch die ein oder andere Kröte schlucken. Zu einer Demokratie gehören das Abwägen von Sichtweisen, der Ausgleich von Interessen, das Ringen um Kompromisse. Die Belastungen für die Hamburgerinnen und Hamburger sind riesig, wir müssen deshalb auch darauf achten, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu wahren.
Entscheidend ist es, jetzt den Pfad in Richtung Energiewende einzuschlagen und keine neuen Strukturen für eine fossile Energiegewinnung aufzubauen. Ich hoffe, dass der Zukunftsrat bei dieser und allen anderen großen Fragen auch künftig weiterhin ein kritischer und konstruktiver Partner ist. Meine Bitte an Sie ist: Bleiben Sie beharrlich im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Machen Sie Mut und erhellen Sie unsere Debatten.Herzlichen Dank für die vergangenen 25 Jahre und allerbestes Gelingen für die Zukunft. Wir brauchen Ihre Expertise und Ihre Einmischung – gerade jetzt.
Ihnen allen einen guten Abend.
Senator Jens Kerstan, Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft
Bild: © F. Besser